Zuviele unbearbeitete Asylanträge Martin Schulz: Innenminister De Maizière hat versagt

Berlin · Nach heftiger Kritik aus den Bundesländern hat nun auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz Bundesinnenminister Thomas de Maizière Versagen vorgeworfen. Hintergrund sind die mehr als 300.000 unbearbeiteten Asylanträge, die sich bei der Verwaltung stapeln.

 Martin Schulz moniert unbearbeitete Asylverfahren.

Martin Schulz moniert unbearbeitete Asylverfahren.

Foto: dpa, hoh cul

De Maizière habe es "seit Jahren trotz der Klagen aus Ländern und Kommunen nicht geschafft, dafür zu sorgen, dass die Verwaltungsvorschriften umgesetzt und die Asylanträge zügig bearbeitet werden", sagte Schulz der Zeitung "Die Welt". "Der Minister muss endlich das umsetzen, was die Bundesregierung beschlossen hat, dann laufen die Dinge auch besser", verlangte Schulz.

Zudem forderte Schulz die EU-Mitgliedsländer zudem auf, mehr zu tun für die Bekämpfung von Fluchtursachen: "Jedem ist doch klar, dass wir die Flüchtlingskrise nicht lösen können, wenn wir die Fluchtursachen nicht endlich bekämpfen". Die Mittel dazu seien vorhanden. "2016 sinken die Beiträge der Mitgliedstaaten für die EU um 9,4 Milliarden Euro, das heißt Geld ist da. Und was tun die Mitgliedstaaten? Anstatt einen Teil davon etwa für die Betreuung von Flüchtlingen in den Nachbarländern Syriens zu verwenden, verplanen sie es in den nationalen Haushalten". Er verlangte auch, die Beschlüsse der EU-Staats- und Regierungschefs umzusetzen: "Wir sehen hier leider immer das gleiche Muster: Es werden Gipfeltreffen abgehalten, Beschlüsse gefasst und Gelder versprochen und am Ende hält sich niemand daran oder überweist kein Geld. Das ist ein unwürdiges Schauspiel, mit dem schleunigst Schluss sein muss."

Schulz appellierte weiter an die EU-Staaten, bei der Grenzsicherung auf den Bau von Zäunen zu verzichten. "Klar ist, dass wir die Außengrenzen der EU besser schützten müssen, das ist eine gemeinsame Aufgabe. Was nicht geht, ist das Hochziehen von Mauern und Grenzzäunen innerhalb Europas." Dies schade Europa und sei nutzlos. "Menschen, die vom sogenannten Islamischen Staat oder den Fassbomben Assads fliehen, die lassen sich nicht von Zäunen aufhalten. Die rennen um ihr Leben." Notfalls würden sie auf andere Wege ausweichen.

An der Arbeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte es zuvor teils massive Kritik gegeben. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) forderte am Sonntag mehr Einsatz von den Behördenmitarbeitern. Zuvor hatten bereits die Innenminister der Länder die Arbeitsweise der Behörde kritisiert und entschiedenere Schritte zur Beschleunigung der Asylverfahren gefordert. Sie regten Schichtarbeit und Einsätze am Wochenende an.

Die "Passauer Neue Presse" berichtete am Montag, die Zahl der unbearbeiteten Asylanträge beim Bamf sei bis Ende November auf knapp 356.000 gestiegen. Das Blatt berief sich auf eine Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage des CSU-Bundestagsabgeordneten Reinhard Brandl. Im vergangenen Jahr hatte die Zahl der unerledigten Asylanträge demnach noch bei knapp 170.000 gelegen.

Die Gesamtzahl der Asylanträge lag im laufenden Jahr nach Angaben der Zeitung insgesamt bei gut 425.000 und damit mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr mit knapp 203.000. Die durchschnittliche Verfahrensdauer von der Antragstellung bis zur Asylentscheidung habe sich von 7,1 Monaten im Jahr 2014 auf 5,2 Monate im laufenden Jahr verkürzt. Demnach gab es im Vorjahr knapp 129.000 Asylentscheidungen, im Jahr 2015 gut 240.000.

Auch der Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, forderte in der "PNP" ein höheres Arbeitstempo beim Bamf. Die Zahl unerledigter Anträge sei "unverantwortlich, sowohl den Flüchtlingen als auch den Ländern und Kommunen gegenüber". "Hier muss schnell etwas geschehen", sagte Hofreiter. Nach seiner Ansicht sollte das Bamf "unbürokratisch eine Art von Schichtbetrieb und eine Ausweitung der Dienstzeiten einführen".

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(felt/AFP/REU/KNA)
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