FDP-Vize Strack-Zimmermann "Merkel hat die Anliegen der FDP nicht ernstgenommen"

Berlin · Die Vize-Chefin der Liberalen, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, verteidigt im Interview das Verhandlungs-Aus zu Jamaika als gemeinsame Entscheidung.

 Christian Lindner und Marie-Agnes Strack-Zimmermann am Tag nach dem Jamaika-Aus.

Christian Lindner und Marie-Agnes Strack-Zimmermann am Tag nach dem Jamaika-Aus.

Foto: afp

Bei den Sondierungsgesprächen saß die Düsseldorferin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, meist mit am Tisch. Nach ihrer ersten Rede im Bundestag seit dem Jamaika-Aus treffen wir sie im Abgeordneten-Restaurant.

Seit dem Jamaika-Ausstieg ist die FDP wieder der Prügelknabe der Nation. Zahlen Sie einen zu hohen Preis?

Strack-Zimmermann Nein. Wir sind auch nicht der Prügelknabe der Nation.

Die Angriffe gegen Sie sind teils bösartig.

Strack-Zimmermann Die sind immer bösartig. Wer das nicht aushält, kann wahrscheinlich kein Freier Demokrat sein. Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Aber es gab viele Indiskretionen, und gefundene Kompromisse wurden immer wieder infrage gestellt. Neue Lösungen sollten dann jedes Mal auf unsere Kosten gehen.

Für die FDP ist es also unterm Strich besser, dass sie ausgestiegen ist?

Strack-Zimmermann Ja. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Wir haben die Entscheidung gemeinsam getroffen. Es ist übrigens falsch, dass - wie teils behauptet wird - die Entscheidung einem Ego-Trip von Christian Lindner entsprungen sei. Wir haben gemeinsam entschieden.

Ist es auch besser fürs Land, dass Sie nicht mitregieren?

Strack-Zimmermann Für das Land ist nur eine stabile Regierung gut, die ein gemeinsames Ziel verfolgt. In der Konstellation mit den Grünen wäre es für uns nicht möglich gewesen, eine stabile Regierung zu bilden. Ich habe bei den Grünen in den vergangenen Wochen immer wieder erleben müssen, dass sie Kompromisse infrage stellen. Es gab auch inhaltlich zu viele harte Differenzen. In zwei Jahren kann man nicht die Kohlestrom-Produktion um Millionen von Tonnen Kohle reduzieren und damit in den Regionen, wo Kohle gefördert wird, Massenarbeitslosigkeit schaffen. Schließlich hat auch die Kanzlerin gesagt, sie sei dafür 40 Millionen Tonnen zu reduzieren, was neun Gigawatt entspricht.

Die Kanzlerin hat sich auf die Seiten der Grünen geschlagen?

Strack-Zimmermann Die Kanzlerin hätte eigentlich als Verhandlungsleiterin die Positionen zusammenbringen müssen. Aber bei zu vielen Themen hat sie die Anliegen der FDP nicht ernstgenommen. Sie hat sie ignoriert. Sie hat übersehen, dass es, wie beim Soli und in der Energiepolitik, Themen gibt, die für die FDP existenziell wichtig sind.

So reagieren Politiker auf das Aus der Jamaika-Sondierungen 2017
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Reaktionen auf das Aus der Jamaika-Sondierungen

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Der Bundespräsident hat die Parteien am Montag ermahnt, Verantwortung zu übernehmen. Ändert das etwas bei Ihnen?

Strack-Zimmermann Es ist richtig, dass der Bundespräsident als höchstes Verfassungsorgan diese Mahnung ausspricht. Richtig ist auch, was Bundestagspräsident Schäuble sagt, wonach Kompromisse kein Umfallen sind. Aber ein Kompromiss besteht darin, dass alle Seiten sich wiederfinden. Wir haben uns aber überhaupt nicht wiedergefunden. Es gab vor allem Übereinkünfte der Union mit den Grünen.

Eva Quadbeck führte das Gespräch.

(qua)
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