Sahra Wagenknecht droht mit Rücktritt Bei der Linken tobt ein offener Machtkampf

Potsdam · Gut drei Wochen nach der Bundestagswahl ist bei den Linken ein offener Machtkampf ausgebrochen: Fraktionschefin Sahra Wagenknecht warf ihren internen Gegner Mobbing vor. Ein offener Bruch soll jedoch vermieden werden.

 Schwierige Diskussionen: Die Bundesvorsitzenden Bernd Riexinger (links) und Katja Kipping (vorne) und die Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch am Dienstag in Potsdam.

Schwierige Diskussionen: Die Bundesvorsitzenden Bernd Riexinger (links) und Katja Kipping (vorne) und die Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch am Dienstag in Potsdam.

Foto: dpa, ped fdt

Die Linken haben in ihrem internen Machtkampf am Dienstagabend auf einen Kompromiss zugesteuert. Nach stundenlangen Beratungen der neu gewählten Fraktion in einer Klausur in Potsdam zogen sich die Fraktionschefs Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch sowie die Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger zu separaten Beratungen zurück. Noch am Abend wollte die Fraktion ihre Spitze neu wählen.

Wagenknecht drohte mit Rückzug

Zuvor hatte Wagenknecht mit Rückzug gedroht. Sie bringe sich gern für eine gute Oppositionspolitik und eine starke Linke ein, schrieb sie in einem Brief an die Abgeordneten. "Allerdings sehe ich keinen Sinn darin, meine Kraft und meine Gesundheit in permanenten internen Grabenkämpfen mit zwei Parteivorsitzenden zu verschleißen, die offenkundig nicht zu einer fairen Zusammenarbeit bereit sind wohl aber gute Kontakte zu bestimmten SPD-Kreisen haben, die in mir schon seit längerem ein großes Hindernis für eine angepasste, pflegeleichte Linke sehen", so Wagenknecht in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Brief weiter. Mehrere Medien berichteten darüber.

Kipping und Riexinger warf Wagenknecht permanente Intrigen aus dem Hinterhalt gegen sie und Bartsch vor. Kipping und Riexinger hätten nie akzeptiert, dass sie und Bartsch Fraktionschefs und Spitzenkandidaten geworden sind. Nun werde versucht, die Fraktionschefs durch die Besetzung der Vizeposten und mit Anträgen zu Stimm- und Rederecht für die Parteichefs einzumauern. Kämen diese Versuche durch, werde sie "nicht mehr für den Fraktionsvorsitz zur Verfügung stehen", so Wagenknecht.

"Eine neue Lage"

Der Parteivorstand hatte laut Parteikreisen in einer Telefonkonferenz am Morgen beschlossen, dass die Parteichefs wie vorgesehen Wagenknecht und Bartsch erneut als Fraktionschefs vorschlagen. Durch Wagenknechts Brief sei eine neue Lage entstanden, hieß es dann.

Nach der Krisensitzung des Führungsquartetts sagte Riexinger am Abend: "Ich bin optimistisch." Erwartet wurde, dass die Anträge für mehr Einfluss der - auch in der Fraktion vertretenen - Parteichefs nicht in der ursprünglichen Form durchkommen würden. Es wurde auch erwartet, dass Wagenknecht und Bartsch erneut an die Fraktionsspitze gewählt werden. Eine Kampfkandidatur zeichnete sich nicht ab.

Die Linke stellt mit 69 Abgeordneten die kleinste Oppositionsfraktion hinter SPD und AfD, wenn es zu einem Jamaika-Bündnis kommt. Sie hatte bei der Bundestagswahl ihr Ergebnis um 0,6 Punkte auf 9,2 Prozent verbessert. Am Nachmittag hatte die Klausur mit einer Generaldebatte begonnen.

(csr)
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