Kongress der Rechtspopulisten Europas Rechte feiert sich selbst

Frauke Petry und Marine Le Pen zelebrieren in Koblenz den Schulterschluss, auch Geert Wilders macht Wahlkampf für die AfD. Rund 3000 Gegendemonstranten gehen auf die Straße.

Bilder vom Kongress der Rechtspopulisten in Koblenz
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Foto: dpa, tfr jai

Für die Demonstranten hat sich Harald Vilimsky ein paar besondere Worte zurechtgelegt. In der Stadt hat ein breites Bündnis aus Parteien, Kirchen und Verbänden zum Protest aufgerufen, die Polizei schätzt etwa 3000 Teilnehmer. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer befindet sich darunter, SPD-Chef Sigmar Gabriel und der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn.

Hinter den Absperrgittern aber, sagt der Generalsekretär der FPÖ, habe er Menschen gesehen, die wohl keiner geregelten Arbeit nachgehen. Und wer sich mit Frauke Petry oder Marine Le Pen anlege, "der legt sich mit uns allen an. Und er wird kennenlernen, dass mit dieser Gemeinschaft nicht gut Kirschen Essen ist.”

Einen Tag nach der Vereidigung Donald Trumps zum 45. US-Präsidenten feiert sich Europas Rechte in Koblenz. AfD-NRW-Chef Marcus Pretzell hat geladen, neben Petry und Le Pen ist unter anderem auch der Niederländer Geert Wilders gekommen. Zwar hatte sich die AfD im Vorfeld noch bemüht zu betonen, dass es sich bei dem Kongress nicht um eine eigenen, sondern um einen der rechten EU-Parlamentsfraktion ENF handelt. Klar aber ist: Damit wagen die Rechtspopulisten den öffentlichen Schulterschluss.

Demonstrationen gegen Rechtspopulistenkongress in Koblenz
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Demonstrationen gegen Rechtspopulistenkongress in Koblenz

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Foto: dpa, pil

Während sich die Parteien früher noch misstrauisch beäugten, wollen ihre Anführer nun als Bewegung auftreten, die Europas Politlandschaft in diesem Jahr grundlegend verändern könnte — und die Wahlkämpfe über Landesgrenzen hinaus schon nach rechts gerückt hat. Dementsprechend selbstbewusst feiert man sich. "Hier sitzen die neuen Staats- und Regierungschefs des neuen Europa”, sagt Pretzell. "Es wird das beste Europa sein, das wir je hatten.”

Es ist ein Treffen, bei dem Le Pen über die unveränderliche Beschaffenheit der Völker sinnieren kann, das Publikum "Lügenpresse” und "Merkel muss weg” skandiert. "Wir erleben das Ende einer Welt und die Geburt einer neuen”, ruft die 48-Jährige den Besuchern zu. "2017 wird das Jahr, in dem die Völker Europas erwachen.” Immer wieder für Trump, Brexit und Nationalismus. Immer wieder gegen die EU, Eliten und Flüchtlinge. Die zahlreichen Widersprüche in den Programmen von Front National und AfD rücken da schonmal in den Hintergrund.

Rechtzeitig hatte Marcus Pretzell dafür gesorgt, dass er ausreichend Aufmerksamkeit bekommen würde. Erst lud er gezielt Journalisten aus, wenige Tage später folgte eine mindestens doppeldeutige Rede von AfD-Mann Björn Höcke, in der er das Holocaust-Mahnmal ein "Denkmal der Schande” nannte. Der Empörung konnte sich die Partei in beiden Fällen sicher sein. Während die Pressetribünen randvoll besetzt sind, bleiben die hinteren Zuschauerreihen aber leer.

Für den rechten Schulterschluss kann es dann aber nicht genug Pathos sein: Einzug mit europäischer Flaggenparade zu Musik von "Vangelis", der einst auch Henry Maske den Einzugsmarsch in den Boxring lieferte. Auf den Plätzen der Besucher die Jubel-Pappen: "Frauke” steht groß auf den einen. "Wilders” auf den anderen. Ein bisschen Distanz darf also doch noch sein.

"Frauen haben Angst, ihre blonden Haare zu zeigen,” beklagt Geert Wilders unterdessen. Deutschland brauche "Frauke statt Angela”. Die Menge grölt, draußen pfeifen die Demonstranten. "Der Genie wird nicht zurück in die Flasche gehen”, sagt Wilders. "Gestern ein neues Amerika, heute Koblenz, morgen ein neues Europa."

Als "Krönung” war den Besuchern Frauke Petry angekündigt worden, ihr Auftritt wird dann aber in weiten Teilen ein eigenwilliger Abriss europäischer Geschichte und Kulturen. Aber auch Petry weiß, wie man das Publikum trifft. "Am Anfang haben sie die Krümmung der Gurken normiert, am Ende wollen sie auch die Gedanken normieren”, schimpft sie über die EU. Am Ende steht die Menge, mit ihnen die Ehrengäste der ersten Reihe. Le Pen und Petry, das ist die Botschaft des Tages, ziehen als rechte Schwestern ins Wahljahr 2017.

(lukra)
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