Total Digital Teufelspakt mit dem Allwissenden

Google liest meine E-Mails und weiß alles über mich, zum Beispiel im Urlaub. Die Adressen der Ferienwohnungen werden zum Beispiel direkt von Google vervollständigt. Das ist ebenso praktisch wie verstörend.

Total Digital: Teufelspakt mit dem Allwissenden
Foto: Langer

Wenn Sie diese Kolumne lesen, bin ich mit meiner Familie aus einem zweieinhalbwöchigen Urlaub in Europa nach Seattle zurückgekehrt. Zunächst ging es nach London, fünf Tage später nach Köln und dann über Düsseldorf und Oslo nach Bodø in Nord-Norwegen. Nach einigen Tagen auf dem Festland und auf den Lofoten sowie einem Wochenende in Oslo sind wir schließlich über London und Los Angeles zurückgeflogen.

Es war ein wunderschöner Urlaub, aber auch ein ziemlich kompliziertes logistisches Reisepuzzle. Um alle Reisedaten immer zur Hand zu haben, hatte ich einen Stapel ausgedruckter Unterlagen im Rucksack. Doch das hätte ich mir sparen können, denn Google wusste stets über die nächste anstehende Etappe der Reise Bescheid. Wenn ich auf der Google-Karte nachschaute, wie weit es von der Innenstadt von Oslo zum Flughafen ist, um genügend Zeit für die Anreise einzuplanen, informierte mich Google nicht nur darüber, dass die Fahrt mit dem Expresszug 30 Minuten dauert, sondern nannte mir auch gleich meine Flugverbindung mitsamt Buchungsnummer.

Das Gleiche passierte mit allen weiteren Flügen sowie auch mit dem Mietwagen und den gebuchten Fährverbindungen in Norwegen. In London, auf den Lofoten und in Oslo haben wir in Privatwohnungen übernachtet, die ich über die Vermittlungsplattform Airbnb gebucht hatte. Auch über diese Buchungen wusste Google bestens Bescheid. Ich brauchte nur einen Teil der Adresse in die Karte einzugeben, und Google vervollständigte den Rest — jeweils inklusive Link zur E-Mail, in der ich mit dem jeweiligen Gastgeber die nötigen Informationen zur Anreise und Schlüsselübergabe ausgetauscht hatte.

Google weiß so ziemlich alles über mich, weil ich meinen E-Mail-Verkehr über Google Mail abwickle. Google liest dort alles mit, um passgenauere Werbung auszuliefern. Während meiner Reise habe ich Reklame für Mietwagen, Restaurants und Veranstaltungen bekommen — manchmal waren sogar nützliche Angebote dabei. Viele meiner deutschen Freunde finden den Gedanken verstörend, dass Google seine Nutzer mit dem Angebot größerer Bequemlichkeit verführt, so viele persönliche Daten preiszugeben.

Ich hingegen finde es praktisch, dass meine Reisedaten und Buchungsnummern auf dem Smartphone nur einen Fingerdruck entfernt sind und ich mich nicht um vergessene Unterlagen sorgen muss. Dafür nehme ich den Big-Brother-Effekt hin. Es ist ein Deal auf Gegenseitigkeit. Oder ein nützlicher Pakt mit dem Teufel.

Ulrike Langer ist Korrespondentin an der US-Westküste und Digital-Expertin. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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