Kolumne: Total Digital Per SMS durch die Nachrichten-Welt

Düsseldorf · Eine neue App namens Quartz präsentiert Nachrichten in Form von Textnachrichten. Und dazu täglich ein Börsen-Haiku.

Kolumne: Total Digital: Per SMS durch die Nachrichten-Welt
Foto: Langer

Guten Abend", begrüßt mich meine App mit einer SMS. "Donald Trump hat South Carolina gewonnen, Jeb ist ausgestiegen". Ich tippe auf "erzähl mir mehr". Drei Punkte blinken, bis die nächste SMS erscheint: "Die konservativen und evangelikalen Wähler haben sich weniger für Trumps politische Linie interessiert, als dafür, dass jemand mal so richtig auf die Pauke haut." Nächste Frage: "Was ist mit Cruz und Rubio?" Die App stellt gute Fragen. Wenn ich auf die Frage tippte, könnte ich weitere Details in Sprechblasenform lesen.

Doch so interessieren mich die übrigen republikanischen Kandidaten in den US-Vorwahlen nicht, und ich tippe auf die Frage: "Was gab es denn sonst noch?" Antwort: "Hillary hat die demokratische Abstimmung in Nevada gewonnen." Also noch mehr Politik. Ich tippe auf "weiter", die App zeigt mir ein Foto von einem Paar, das auf einem Müllteppich liegt und die Sprechblase: "Soviel Müll produziert ein durchschnittlicher US-Haushalt pro Woche."

Die Unterhaltung ist zwar simuliert, ich kann keine eigenen Fragen stellen, aber die App spielt gekonnt auf der SMS-Klaviatur. Mit Nachrichten als Smalltalk will das US-Nachrichtenportal Quartz junge Leute erreichen, die kaum Nachrichten konsumieren, dafür aber ununterbrochen auf ihrem Smartphone herumtippen. Schon seit drei Jahren ist Quartz als mobiloptimierte Website vor allem bei unter 30-Jährigen sehr erfolgreich. Jetzt bietet das Portal seine Nachrichten zum ersten Mal auch als App an, zunächst allerdings nur für das iPhone und die Apple Watch.

Wohin Quartz mit der App will, ist klar: Auf den Startbildschirm der Smartphone-Nutzer. Das schaffen nur die wenigsten Medien-Apps, der begrenzte Platz ist bei den meisten Nutzern für persönlich wichtige Apps reserviert. Quartz könnte es aber schaffen, denn Nachrichten als SMS fühlen sich durchaus persönlich an. Am Nachmittag schickt mir Quartz wie an jedem Tag noch ein kleines Börsen-Haiku: "Mehr Stürme in China, seine Wellen erreichen unsere Strände, zumindest Benzin ist billig." Eine ökonomische Aussage voller rätselhafter Poesie.

Ulrike Langer ist freie Korrespondentin an der US-Westküste und Digital-Expertin. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin an kolumne@rheinische-post.de

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