Kolumne: Total Digital Fahrlehrer gesucht für fahrerlose Autos

Seattle · Der Automatisierungstrend wird Taxifahrer und Paketboten bald überflüssig machen. Doch für aussterbende Berufe werden neue entstehen.

Kolumne: Total Digital: Fahrlehrer gesucht für fahrerlose Autos
Foto: Langer

Vor ein paar Tagen las ich in meiner Frühstückszeitung "The Seattle Times", dass Uber in Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania seit einigen Wochen versuchsweise kostenlose Fahrten in autonom fahrenden Autos anbietet. Hier in Seattle experimentiert der Fahrvermittlungsdienst mit Sammeltaxistrecken als Vorstufe der Automatisierung. Das mag wunderlich klingen, denn in Deutschland ist von Uber nach Gerichtsurteilen und behördlichen Anordnungen nicht mehr als eine reine Taxiruf-App übrig geblieben. Doch hier in den USA gilt Uber als innovativer Logistikkonzern, der nicht nur Personen befördert, sondern auch Fahrräder, Essen auf Rädern und Lieferungen jeglicher Art erledigt.

Uber probiert aus, ob Bordcomputer menschliche Fahrer ersetzen können. Noch sitzt in jedem Uber-Auto ein Fahrer, der im Ernstfall das Steuer übernehmen kann. Doch irgendwann wird der Sitz hinter dem Lenkrad tatsächlich leer bleiben, und dann wird es Autos geben, die gar kein Lenkrad mehr haben. Taxifahrer und Paketboten werden als Berufe genauso aussterben wie einst die Kutscher, Weber oder Heizer auf der Dampflok.

Wenn ich mich mit meinen beiden Teenagern über ihre Berufswünsche unterhalte, bin ich froh, dass sie dieses Muster schon erkennen: Jede Tätigkeit, die effizienter, wenn vielleicht auch seelenloser, von Automaten erledigt werden kann, wird früher oder später kein Beruf mehr sein, mit dem man sein Leben finanzieren kann. Doch jede dieser Entwicklungen bringt neue Berufe hervor und benötigt neue Spezialisten. Irgendjemand muss schließlich all die Drohnen, autonomen Fahrzeuge und Fahrstrecken entwickeln, verbessern und reparieren.

Statt Schutzwälle für alte Berufe zu errichten, was letztlich weder Kutschern oder Webern noch Heizern geholfen hat, brauchen wir Aus- und Weiterbildungen, die mit den Innovationen Schritt halten. Ich bin deshalb sehr froh, dass ich in einer von Technologie getriebenen Stadt lebe. Auch das mag in Deutschland, wo amerikanische Schulen als schlecht, Uber als Taxischreck und Amazon als Lohndrücker gelten, verwundern. Doch Amazon hat hier an seinem Hauptsitz in Seattle gerade zehn Millionen Dollar in das Programm für Software-Ingenieure an einer der Universitäten investiert. Mein Sohn will bald Informatik studieren. Sein Studium wird er sich vielleicht nicht als Uber-Fahrer oder Amazon-Paketauslieferer finanzieren, sondern als Fahrlehrer für autonome Autos.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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