Kolumne: Total Digital Daten sind das neue Erdöl

München · Was viele befürchtet hatten, ist jetzt Wirklichkeit: Facebook eignet sich die Daten der WhatsApp-Nutzer an. Für Facebook ist das so wertvoll, als wäre der Konzern auf eine Erdölquelle gestoßen.

Facebook eignet sich Daten der WhatsApp-Nutzer an
Foto: Mathias Vietmeier

Was mich am meisten überrascht: Wie überrascht jetzt alle tun. Vor zwei Jahren hatte sich Facebook den Kurznachrichtendienst Whatsapp 22 Milliarden Dollar kosten lassen. Worum es wirklich ging: die Nutzerdaten. Whatsapp verfügt über eine Milliarde Nutzer. Das mit Abstand größte Personenregister der Welt.

Facebook hat zwar versichert, keine Chat-Inhalte zu übernehmen, sondern lediglich die Nutzerdaten, allen voran die Telefonnummer. Warum die Telefonnummer? Sie dienen Konzernen wie Behörden bei der Personen-Identifikation als Primärschlüssel. Über sie können Daten aus unterschiedlichsten Quellen zusammengeführt und zu einem eindeutigen Profil zusammengesetzt werden. Dabei spielt es nicht einmal eine Rolle, ob der Nutzer seinen echten Namen angegeben hat. Ein Beispiel: Es gibt nur ein' Rudi Völler. Aber Thomas Müller gibt es Tausende allein in Deutschland. Davon teilen sogar Dutzende ein- und denselben Geburtstag. Mobiltelefonnummern hingegen sind eindeutig und werden jeweils nur einer einzigen Person zugewiesen.

Daten sind das neue Erdöl — im Wortsinn: Apple und Google haben vor Jahren den Mineralölkonzern Exxon als wertvollstes Unternehmen der Welt vom Börsen-Thron gestoßen. Heute werden Kriege um unsere Daten geführt. E-Mail-Konten von Präsidentschaftskandidaten werden gehackt. Angeblich aus Russland stammende Hackergruppen sollen NSA-Spionagetools im Netz veröffentlicht haben. Die iPhone-Schadsoftware "Pegasus" soll das Ziel gehabt haben, Menschenrechtler auszuspionieren.

Auf der Berliner Netz-Konferenz Republica war dieses Jahr Edward Snowden zugeschaltet. Ich hatte ihn gefragt, wen er für gefährlicher hält: Staatliche Geheimdienste oder private Konzerne. Seine Antwort: Private Konzerne verstoßen deutlich häufiger gegen den Datenschutz. Umgekehrt verfügen Google oder Facebook aber über keine Armee oder gar über Raketen, die sie auf uns feuern könnten. Kunstpause. "Noch nicht."

Snowdens Appell: Wir sollten Regierungen wie Konzernen gleichermaßen auf die Finger schauen. Daten seien nun mal verführerisch. Für die einen bedeuten sie Profit, für die anderen Machterhalt. Entsprechend groß sind die Begehrlichkeiten. Innenminister Thomas de Maizière will sich auf der EU-Konferenz im September dafür einsetzen, dass soziale Netzwerke gezwungen werden, eine Hintertür für staatliche Behörden einzubauen. Ob Daten bei WhatsApp oder Facebook liegen, spielt dann keine Rolle mehr.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor unter: kolumne@rheinische-post.de.

(RP)
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