Kolumne: Mit Verlaub! Auch die CDU braucht Kevins

Düsseldorf · Der junge, freche Helmut Kohl kam einst in Mainz nicht im Schlafwagen an die Macht.

Kolumne: Mit Verlaub!: Auch die CDU braucht Kevins
Foto: Michels

Der "Zeit"-Chefredakteur und TV-Talker Giovanni di Lorenzo ist ein Exponat liberalen Lebensgefühls zwischen Blankenese und Starnberg. In dem Interview-Buch "Erklär mir Italien" zieht di Lorenzo im Gespräch mit dem Bestsellerautor Roberto Saviano eine niederschmetternde Bilanz zu wichtigen Etappen der Politik von Kanzlerin Angela Merkel: "Ihre folgenreichsten politischen Entscheidungen hat sie überhastet getroffen, sie zu wenig erklärt und ohne jede Zustimmung der Bevölkerung durchgesetzt."

Di Lorenzo erwähnt neben dem Ausstieg aus der Kernenergie und den Griechenland-Hilfen die Öffnung der Grenzen 2015. Besonders Letzteres habe zu einem Erstarken der Rechten geführt. Merkels Politikstil habe zudem zu einer Entpolitisierung der öffentlichen Debatte geführt, weil über epochale Weichenstellungen, zumindest im Bundestag, nie wirklich kontrovers diskutiert worden sei.

Vor wenigen Tagen hat in dieser Zeitung der liberal-konservative Düsseldorfer Unternehmer Heinrich Weiss ähnlich kritisch mit verschiedenen Resultaten Merkelscher Regierungsart abgerechnet. Der Journalist und der Wirtschaftspraktiker sind das, was man gemeinhin "gemachte Männer" nennt - unabhängig im Urteil, über "den Parteiungen" (Ludwig Erhard) siedelnd. Ich frage mich, und viele werden sich das fragen, wo die jungen Stürmer und Dränger in Merkels Partei sind, die, wie das einst der Mittdreißiger Helmut Kohl in Mainz exerziert hat, die in Ehren ermattete Nummer eins herausfordern?

Glauben die Bürgersöhne und -töchter, man ließe sie im Schlafwagen an die Macht? Oder möchten sie als Minister für Gedöns erst einmal Merkels Azubis sein? Es ist weit gekommen in Teilen der Kanzlerinnen-Partei, wenn man sich dort einen begabten, mutigen Kerl wie den Chef der Jungsozialisten wünscht. Wo ist der Kevin Kühnert der Konservativen?

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(mc)
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