Kolumne: Mit Verlaub! Angst geht um in Merkels Fanklub

In Paris, Rom, Wien und Prag ist man nicht so beifallsüchtig wie es juchzende CDU- Parteitagsdelegierte im Angesicht ihrer Chefin Angela Merkel sind. Denn Berlin steht wegen Dominanzverdachts unter kritischer europäischer Beobachtung.

Armin Laschet ist Chef der CDU in NRW und treues Mitglied im kleiner werdenden Fanklub "Angela Merkel". Alle Klubmitglieder quält die Sorge, ihr im zwölften Amtsjahr stehendes Idol könnte sich entscheiden, 2017 nicht erneut als Kanzlerkandidatin zur Wahl anzutreten. Laschet verfiel auf das Argument, Merkel müsse bleiben, weil nur sie Europa zusammenhalten könne. Das ist kurios. Viele Menschen in Deutschland und sehr viele unserer Nachbarvölker haben das Gefühl, dass die den Bundestag übertölpelnde "Hereinspaziert"-Zuwanderungspolitik der Bundesregierung Europa gespalten hat.

Josef Janning, der das Berliner Büro der europäischen Denkfabrik European Council on Foreign Relations leitet, kritisierte in der Zeitschrift "Das Parlament": Deutschland trage Mitschuld daran, dass in der EU Vertrauen untergraben worden sei und sich die Krise vergrößert habe. Wir erinnern uns an 2015: Wie wurden vom moralisch großtuenden Berlin aus das kleine Österreich und sein gescheiter junger Außenminister Sebastian Kurz herablassend gescholten, als Wien für strikte Grenzsicherung auf der Balkanroute sorgte? Wie hat Merkels Fanklub in der CDU den immer wieder Zuzugs- Obergrenzen anmahnenden bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer als plumpen CSU-Störenfried der überragenden Staatskunst an der Spree verunglimpft?

Der bereits zitierte Josef Janning sprach das europäische Unwohlsein an, das in Athen und Paris, Rom und Wien, Prag und Warschau gegenüber Berlin grassiert: "Die EU verträgt keinen Hegemon." Merkel, die ja intelligent und lernfähig ist, gesteht bei allem Festhalten an ihrer Leerformel "Wir schaffen das" inzwischen ein, dass Fehler gemacht worden seien. Mit Verlaub, das ist Selbstkritik, aber in Light-Version. Ernstzunehmende Kommentatoren der europäischen Politik behaupten inzwischen, dass das spleenig wirkende britische No zur EU auch mit der Sorge vieler Menschen im Vereinigten Königreich zu tun gehabt habe, Koloss Deutschland könnte wieder zum dominanten Trampeltier in Europas Zentrum werden.

Janning folgert daraus, dass Merkel Gefolgschaft nicht erzwingen könne. An die Adresse Laschets und anderer Mitglieder im Fanklub könnte man hinzufügen: Die Menschen und die politisch Verantwortlichen in Paris, Rom, Athen, Wien, Prag und Warschau sind nicht so beifallsüchtig wie juchzende CDU- Bundesparteitags-Delegierte im Angesicht ihrer Chefin es sind.

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(RP)
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