Kolumne: Hier In Nrw Ratsmitglieder leiden unter Dauerfrust

In vielen Stadträten sind zehn und mehr Parteien und Gruppen vertreten. Marathonsitzungen sind die Folge. Das soll sich ändern. Rot-Grün und CDU wollen eine Sperrklausel einführen und dazu die Verfassung ändern.

Seit Jahresbeginn bekommen Ratsmitglieder in NRW eine höhere Aufwandsentschädigung. Je nach Größe der Stadt liegen die Beträge zwischen 212 und 576 Euro im Monat. Reich wird man davon sicher nicht. Die Aufstockung war aber überfällig, denn sie ist eine Anerkennung der Arbeit, die sich die ehrenamtlich tätigen Frauen und Männer aufbürden.

Wenn dennoch der Frust bei vielen Kommunalpolitikern anhält, so liegt das nicht an der Bezahlung, sondern hat einen anderen Grund. Immer wieder hört man Klagen darüber, dass sich Ratssitzungen über viele Stunden - mitunter bis Mitternacht - hinziehen. "Wer hat denn noch zu so etwas Lust?", stöhnte unlängst das Mitglied eines Rats mit gleich zehn Parteien. Deren Vertreter wollen natürlich alle etwas sagen. Marathonsitzungen sind die Folge. Kein Wunder, wenn die Bereitschaft politisch interessierter Bürger schwindet, sich das anzutun.

Die Politik sieht die darin liegende Brisanz. Im Landtag haben sich SPD, Grüne und CDU daher darauf verständigt, dass künftig in den Rat nur einziehen darf, wer bei der Kommunalwahl mindestens 2,5 Prozent der Stimmen erreicht hat. Vor vielen Jahren gab es schon einmal den Versuch, eine Hürde von fünf Prozent ins Wahlgesetz einzubauen, doch das Verfassungsgericht in Münster hat das verworfen. Es fordert für eine solche Sperrklausel den Nachweis, dass dem Stadtrat infolge der extremen politischen Vielfalt Handlungsunfähigkeit droht.

Da dieser Nachweis schwer zu erbringen ist (irgendwie klappt es immer), wollen die drei Parteien einen anderen Weg gehen. Statt das Wahlgesetz zu ändern, planen sie eine Ergänzung der NRW-Verfassung um die kommunale Sperrklausel. Die für diese Änderung nötige Stimmenzahl (zwei Drittel der gesetzlichen Mitglieder des Landtags) ist garantiert. Das Vorhaben dürfte somit funktionieren, zumal man noch nicht gehört hat, dass Verfassungsrichter eine ordnungsgemäß zustande gekommene Verfassungsänderung beanstandet hätten.

Natürlich ruft der Plan auch Kritik hervor. Die Demokratie bleibe auf der Strecke, wird eingewandt. Morgen werden sich dazu Experten bei einer Anhörung im Landtag äußern. Doch die drei Parteien sind entschlossen, der Zersplitterung in den Räten einen Riegel vorzuschieben. Bei Bundestags- und Landtagswahlen gilt übrigens als Lehre aus der Weimarer Republik längst eine Sperrklausel von fünf Prozent - und kaum jemand regt sich darüber auf.

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(RP)
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