Hier in NRW "Woche des Respekts" — PR-Aktion oder sinnvoll?

Düsseldorf · Mit einer ungewöhnlichen Idee will die rot-grüne Landesregierung vor allem junge Menschen für ein respektvolles Miteinander sensibilisieren. Die Initiative verdient Respekt.

Hier in NRW: "Woche des Respekts" eine sinnvolle PR-Aktion?
Foto: Hüwel

Es war einmal ein SPD-Politiker, der hat sich ziemlich abfällig über Werte wie Pflichtgefühl oder Standhaftigkeit geäußert. Das seien doch Sekundärtugenden, mit denen man auch ein Konzentrationslager betreiben könne, hat Oskar Lafontaine damals gesagt und mit seinem unsäglichen Vergleich zu Recht eine Welle der Empörung ausgelöst.

Denn Sekundärtugenden sind so etwas wie ein Kitt, der das gesellschaftliche Zusammenleben ermöglicht. Zu diesen Tugenden gehört Respekt unbedingt dazu — Respekt vor anderen Menschen und deren Meinung. Leider scheint Respekt mitunter ein Auslaufmodell zu sein. Vor allem im Internet gibt es kaum noch Hemmungen, Menschen verbal zu vernichten.

Besorgniserregend ist, dass Respektlosigkeit auch schon die Kinder erfasst hat. Ich meine damit nicht, dass sie (wie früher) in der Straßenbahn ihren Sitz für einen Erwachsenen freimachen, sondern dass auf dem Schulhof wüste Beschimpfungen zu hören und brutale Handgreiflichkeiten zu beobachten sind.

Das hat es immer schon gegeben? Mag sein. Man hat aber den Eindruck, dass die Kinder nicht mehr so häufig wie früher von ihren Erziehungsberechtigten den schlichten Satz zu hören bekommen: "Das tut man nicht." Vielleicht auch deshalb nicht, weil bei manchen Erwachsenen der innere Kompass nicht mehr funktioniert. Schlimmste Beispiele dafür sind die Übergriffe auf Polizisten und Rettungskräfte oder die dämlichen "Horror-Clowns", die Spaß daran haben, Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen.

Respekt lässt sich nicht erzwingen, aber der Versuch, vor allem Kinder und Jugendliche zu sensibilisieren, lohnt sich allemal. Deshalb ist es zu begrüßen, dass die rot-grüne Landesregierung für Mitte November eine "Woche des Respekts" ausgerufen hat. Die Politiker wollen in den Schulen, bei Jugendorganisationen und in Vereinen für einen respektvollen Umgang miteinander werben. Wenn das ein PR-Einfall sein sollte, wäre er nicht der schlechteste.

Allerdings müssen sich die Politiker an die eigene Nase fassen. So manchen kommen im Düsseldorfer Landtag die Worte "Lüge" oder "Lügner" nur allzu leicht über die Lippen. Natürlich müssen sich Demokraten im Parlament mit dem politischen Gegner auseinandersetzen. Das heißt aber noch lange nicht, ihn oder sie niederzubrüllen.

Und man darf sich auch ruhig mal wehren. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat dieser Tage erzählt, dass sie seit geraumer Zeit auf beleidigende Zuschriften mit juristischen Schritten reagiere. Seither, so die Regierungschefin, habe dieser Unflat deutlich nachgelassen.

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(hüw)
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