Kolumne Gott Und Die Welt Wenn die Angst regiert

Düsseldorf · An Verschwörungstheorien glauben vor allem jene, die am Rande unserer Gesellschaft stehen.

 Unser Autor Lothar Schröder.

Unser Autor Lothar Schröder.

Foto: Schröder

Sogenannte Fake News können uns ja kaum noch schrecken. Sie gibt es, und sie kursieren durchs bunte Weltgeschehen. Dies aber einfach achselzuckend hinzunehmen und als vermeintlich unbeteiligter Zuschauer zu verfolgen, wäre fatal. Dafür ist ihre Wirkung zu nachhaltig und ihre Attraktivität zu groß. Denn Fake News - also gezielte Falschinformationen - dekonstruieren ja nicht nur die Wirklichkeit, sie schaffen eine neue; bis irgendwann kein Unterschied mehr zwischen Wahrheit und Lüge erkennbar wird: "Wenn Menschen Situationen als real behaupten, sind sie in ihren Konsequenzen real", hat schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts der amerikanische Soziologe William Isaac Thomas (1863-1947) geschrieben.

Um Fake News zu begreifen, muss man sich klarmachen, warum sie mehr denn je auf fruchtbaren Boden fallen. Der Grund ist Angst. Was die Menschen ängstigt, ist eine unübersichtlich gewordene Welt. Sie ängstigt eine Freiheit, an der sie selbst nicht teilhaben und deren Folgen sie nicht absehen können. Freihandel macht Angst, er kann Arbeitsplätze bedrohen und das Warenangebot im Supermarkt durcheinanderbringen. Angst macht auch, was nicht richtig zu greifen ist - wie der Klimawandel. Der wird gerne als "Pseudoreligion" stigmatisiert und ein menschlicher Einfluss auf das Klima für unmöglich erklärt.

"Wer von Angst getrieben ist, vermeidet das Unangenehme, verleugnet das Wirkliche und verpasst das Mögliche. Angst macht die Menschen abhängig von Verführern, Betreuern und Spielern. Angst führt zur Tyrannei der Mehrheit, weil alle mit den Wölfen heulen, sie ermöglicht das Spiel mit der schweigenden Masse", schreibt der Soziologe Heinz Bude.

Forscher der Princeton University glauben ausfindig gemacht zu haben, wer für Verschwörungstheorien in hohem Maße anfällig zu sein scheint: Außenseiter. Die Wirklichkeit grundsätzlich infrage zu stellen, ist dann die Macht der Verunsicherten, vielleicht ist es sogar ihre einzige noch verbliebene Macht, ein Widerstand, ein Aufbäumen und am Ende eine Selbstbehauptung.

Fake News gibt es schon lange. Die Wächter vor dem Grab Jesu wurden bestochen, damit sie aussagten, die Jünger hätten den Leichnam geraubt. Jede Fake News war den Herrschern recht, um zu vermeiden, dass die Prophezeiung der wundersamen Auferstehung in die Welt gelangen konnte. Dieses Ereignis ließ sich nicht vertuschen. Göttliche Offenbarung ist den Menschen gegeben worden. Sie ist nicht verfügbar und resistent gegenüber Versuchen, sie zu verfälschen.

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(RP)
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