Kolumne: Gott Und Die Welt Weihnachten heißt Begegnung

Viele sind an Weihnachten unterwegs, um Gott Mensch werden zu lassen. Eine Bitte an alle: Vergessen Sie niemanden! Fassen Sie sich ein Herz, rufen Sie an oder schreiben Sie Ihrem Nächsten.

Wohin gehe ich Weihnachten? Mit wem komme ich zusammen? Diese Fragen stellen sich viele Menschen. Es sind die Grundfragen, die auch Maria und Josef in dieser Nacht bereits hatten: Wo nimmt man uns auf? Wo finden wir ein Herz, das sich anrühren lässt und Herberge gibt?

Aus der Seelsorge weiß ich: Viele Menschen haben Angst vor dem Heiligen Abend, vor dem Gefühl, allein zu sein. Da ist der Partner verstorben, die Beziehung zerbrochen, die Bekannten feiern mit ihren Familien, die Kinder wohnen weit weg. Wieder andere lähmt eine Depression, und es fehlt die Motivation, Kontakt zu anderen zu knüpfen und zu pflegen. Es gibt viele Gründe, warum einem Menschen an diesem Abend nicht feierlich zumute ist.

Mich treibt das um. Deshalb möchte ich gern in Erinnerung rufen: Weihnachten heißt Begegnung. Denn Gott kommt in die Welt - und er kommt als Mensch zu den Menschen. Seit der Heiligen Nacht seiner Geburt will er bei jedem ankommen: beim Nachbarn, beim Kranken, beim Obdachlosen und beim Flüchtling, also bei jedem, der an diesem Abend nicht alleine sein will.

Viele sind an Weihnachten unterwegs, um Gott Mensch werden zu lassen, durch einen Besuch, einen Blick, eine Geste, ein Geschenk, einen Anruf, eine Whatsapp, eine SMS oder eine E-Mail. Meine Bitte für diesen Abend: Vergessen Sie niemanden! Fassen Sie sich ein Herz, gehen Sie über die Straße, rufen Sie an oder schreiben Sie Ihrem Nächsten.

An Weihnachten brauchen wir einander. Auch ich bin froh, Weihnachten nicht alleine bleiben zu müssen. An Heiligabend bin ich in eine Justizvollzugsanstalt eingeladen und werde mit den dort Inhaftierten die Messe feiern.

Die Feier der Christmette - egal ob im Gefängnis oder in einer Kirche irgendwo auf der Welt - ist ein besonderer Ort der Begegnung. Ganz sicher spüren Inhaftierte in aller Welt an diesem Abend, wie hart es ist, allein zu sein. Doch ganz gleich, wie schwer eine Tat war und was jemanden ins Gefängnis gebracht hat: An Weihnachten reicht Gott jedem die Hand und sagt: Ich bin Mensch wie du, der Friede sei mit dir.

Ich wünsche Ihnen allen diesen Frieden und die Freude der Weihnacht in der Begegnung mit Gott und den Menschen.

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki schreibt hier an jedem dritten Samstag im Monat. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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