Kolumne: Gott Und Die Welt Ewiges Leben ist unmenschlich

Am 2. Februar feiern die Amerikaner den Murmeltiertag und die Christen Mariä Lichtmess. Im Kern sind sich beide Feste aber sehr ähnlich. Mit ihnen wird die Wandlung des Lebens gefeiert.

Natürlich ist das grandios absurd, wenn Bill Murray als berufszynischer Wetterexperte eines US-Nachrichtensenders vom Murmeltierfest in dem Kaff Punxsutawney berichten muss - und dann immer und immer wieder diesen Tag erlebt. Immer wieder Murmeltiertag, immer wieder der 2. Februar. Erst wundert sich der Held über eine Zeitrechnung, die es für ihn praktisch nicht mehr gibt. Bald aber jubelt er, weil er scheinbar ohne Folgen alles in der Welt anstellen kann. Bis die Verzweiflung in sein Herz kriecht und er mit unzähligen Selbstmorden diesem Fluch der Endlosschleife zu entkommen versucht. Zwecklos all das. Schließlich erwacht in ihm die Erkenntnis, Gott zu sein. Vielleicht nicht unbedingt "der" Gott, wie Bill Murray sagt, aber immerhin doch ein Gott.

Spätestens da beginnt die Filmkomödie "Und täglich grüßt das Murmeltier" ernster zu werden. Dabei geht es nicht um Gotteslästerung. Denn jemand, der stets den exakt gleichen Tag erlebt und damit anstellen kann, was er will, kann durchaus an eine Gottesähnlichkeit glauben. Bill Murray als Phil wird nämlich einem Phänomen ausgesetzt, das wir Ewigkeit nennen. Es erweist sich als ein Leben im luftleeren Raum, ohne Verantwortung, ohne jede Entwicklung. Ewigkeit ist im wahrsten Sinne des Wortes unmenschlich. Das muss Phil auch an einem alten Mann erkennen, der am Abend dieses 2. Februars sterben wird. Alle Bemühungen, ihn zu retten, scheitern. Phil erkennt nicht nur seine eigene Machtlosigkeit. Er begreift langsam, dass zum Wesen unserer Existenz auch das Ende gehört. Das Leben ist ohne den Tod nicht zu haben. Das Leben wird mit der Gewissheit des Todes kostbar und im wahrsten Sinne des Wortes lebenswert.

Der Murmeltiertag am 2. Februar ist keine amerikanische Erfindung. Er ist ein Exportschlager von uns: Deutsche Siedler sollen im 18. Jahrhundert ihren Brauch, die Länge des Winters aus der Beobachtung von Dachsen abzuleiten, einfach in die neue Heimat nach Übersee mitgenommen haben.

Aber auch dieses urwüchsige Fest hat einen Vorläufer: Mariä Lichtmess. 40 Tage nach Weihnachten markiert es das Ende des Winters. Die Tage werden nun deutlich länger. Und mit etwas Glück wagt sich der Frühling am 2. Februar aus seinem Versteck. Es ist ein Fest der Wandlung, vor allem der Entwicklung: Das Leben erwacht und lässt aus dem Alten Neues entstehen. Es gibt Anfänge. Es gibt Enden. Zum Filmschluss wird Bill Murray aus der Ewigkeit erlöst, und seine ersten einfachen Worte markieren auch einen Sinn des Lebens: "Irgendetwas ist anders, und alles, was anders ist, ist gut."

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(RP)
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