Kolumne: Gott Und Die Welt Der glückliche Steuerzahler

Steuerflucht ist ein Zeichen von Misstrauen in Menschen und Staat. Das geht auch anders, wie es uns die skandinavischen Länder seit Langem vormachen.

Kolumne: Gott Und Die Welt: Der glückliche Steuerzahler
Foto: Schröder

Oasen stehen eigentlich für etwas rundum Schönes. Sie sind der freundliche Ort nach einer unfreundlichen Durststrecke. Die nette Anmutung kehrt sich in ihr Gegenteil, wenn sich die Oase zur Steuer-Oase wandelt und damit zu einer Stätte jenseits von Moral und Gesetz. Schon wird der liebliche Ort zur No-Go-Area, zumindest für all jene Staatsbürger, die die Pflicht der korrekten Abgabe noch beherzigen. Denn die Steuer-Oase — wie jene nun in Panama — wird in aller Regel bevölkert von vermeintlichen Finanz-Desperados, die unter der Bezeichnung des Steuer-Flüchtlings firmieren. Dieser Begriff allerdings ist verräterisch: Wenn es nämlich Steuer-Flüchtlinge auf der einen Seite gibt, muss es auf der anderen Seite auch Steuer-Häftlinge geben.

Damit wären dann die brav Zahlenden und Bestraften gemeint. Auch wer bislang noch nie auf den Gedanken gekommen ist, Briefkasten-Firmen oder andere fiktive, aber lukrative Unternehmungen zu gründen, wird sich mit Blick auf die monatliche Lohnabrechnung über die Höhe der Abgabe geärgert haben. Die fließt irgendwohin ins Gemeinwesen, nur nicht in die eigene Tasche. Dass wir Steuern zahlen, ist eine seit Jahrhunderten eingeübte Pflicht. Sie aber zu hinterfragen (was noch nicht kriminell ist), bleibt unvorstellbar und bestenfalls ein Betätigungsfeld für exotische Aussteiger oder exotische Denker. Wie der Philosoph Peter Sloterdijk, der jede Verpflichtung zur Abgabe als Beschämung geißelte. Weitaus "würdevoller" wie auch "sozialpsychologisch produktiver" sei es seiner Meinung nach, auf fiskalische Zwangsabgaben überhaupt zu verzichten und stattdessen um Spenden zu bitten. Weil bei dieser permanenten "Selbstüberwindung" im Bürger das Wohlgefühl einer "Ethik der Gabe" reife.

So ganz realistisch klingt das nicht. Aber im Kern steckt in diesem Paradigmenwechsel die spannende Vorstellung, dass der Bürger erstens gerne zahlt, weil ihm zweitens die Gemeinschaft wichtig ist und ihm die Abgabe sinnvoll erscheint. Das wiederum ist nicht exotisch, sondern nachweisbar. So rangieren in der "World Database of Happiness" — eine Glücklichkeitsskala — Skandinavier immer ganz oben, gleichwohl in diesen Ländern die mit Abstand meisten Steuern bezahlt werden. Aber: In diesen Ländern sind die beiden Glücksfaktoren "Vertrauen" und "Gemeinschaftssinn" viel stärker als in anderen Ländern.

Vielleicht ist Panama darum auch eher ein Symptom: für ein weit verbreitetes Misstrauen gegenüber Menschen sowie für eine grundlegende Staats-Skepsis.

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(los)
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