Kolumne: Gott Und Die Welt Der Glaube ist keine Bad Bank unseres Verstandes

Das Pfingstwunder stellt uns vor eine ziemliche Herausforderung: Stimmt das alles, was in der Apostelgeschichte zu lesen ist? Das Unerklärliche bleibt ein Wesenszug dieses Geheimnisses.

 Lothar Schröder.

Lothar Schröder.

Foto: Schröder

Das ist wohl eine Sache des Glaubens, heißt es dann, wenn irgendetwas unergründlich zu sein scheint und uns die letzten Erklärungen ausgegangen sind. Doch wer die Sache an den Glauben als letzten Ausweg delegiert, meint es ja nicht wirklich konstruktiv. Zu einer Sache des Glaubens macht man meist etwas, um es abzuhaken. Der Glauben dient oft als Reservoir für alles Skurrile und Mysteriöse. Wie eine Art Bad Bank unseres Verstandes.

Zu Pfingsten ist die besonders gefragt. Weil an diesem Hochfest mit dem Pfingstwunder wieder so eine Aufgabe gestellt wird. Die Frage lautet: Wie kann es sein, dass die Jünger urplötzlich in allen Sprache reden und auch alle Sprachen verstehen können? Woher kommt dieses beneidenswerte Fähigkeit? Die Antwort, die uns die Apostelgeschichte anbietet, ist auch nicht sonderlich erhellend. Der Heilige Geist soll es gewesen sein, der auf die Jünger niederkam. Aber vielleicht geht es dabei gar nicht um eine Erklärung. Vielleicht geht es erst einmal darum, die Geschichte als eigene Wahrheit wahrzunehmen und alles Fragliche daran zu akzeptieren.

Natürlich fällt uns das schwer - uns, die Stunde für Stunde gefordert sind, das eigene Leben zu meistern. Mit dem Glauben allein kommen wir da nicht so gut weiter. Wir meistern unser Leben durch Lösungen. Pfingsten ist ein Störfaktor. Mit seinem Wunder gibt er uns die Frage auf, ob die Wirklichkeit, die wir uns zurechtlegen, um sie gestalten zu können, eben auch schon die Wahrheit ist.

Eine solche Annäherung kann ein Zugang zum Geheimnis des Glaubens sein. Geheimnisse sind keine Rätsel, weil Rätsel dazu da sind, gelöst zu werden. Das Unerklärliche ist ein Wesenszug des Geheimnisses; in ihm sind die Grenzen unseres Verstandes verborgen. Damit bringt das Geheimnis aber niemanden zum Schweigen. Schließlich lässt sich seine Faszination beschreiben, wir können davon erzählen. Auch dahinter verbirgt sich natürlich unser Drang, einen kleinen Blick hinter die Kulissen der Welt zu erhaschen. Als würde da irgendwie ein bisschen auch getrickst wie bei Zauberern. Vielleicht sind solche Magier auch deshalb so beliebt: weil wir wissen, dass das, was wir sehen, letztlich ein fauler Zauber ist.

Wir lassen uns gerne überlisten, weil unsere Vorstellung von Wirklichkeit nur für ein paar Minuten irritiert wird. Beunruhigen kann uns so etwas nicht. Die Pfingsterzählung zeigt uns darum auch, dass man zum Glauben auch fähig und bereit sein muss. Sie zeigt uns, dass wir nicht alles sind, nicht alles durchschauen. Die Welt gibt es nicht erst seit uns und nicht ausschließlich durch uns.

Wer glaubt, wird selig. Das ist auch keine schlecht Vorstellung. Und zwar nicht nur zu Pfingsten.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-Post.de

(RP)
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