Frauensache Der Feminismus ist noch lange nicht überflüssig

Debatten über eine Frauenquote für Straßennamen verstellen den Blick darauf, wo es wirkliche Ungleichheit zu bekämpfen gilt. Bei der Frage gleicher Löhne etwa. Oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Gedöns, so hat der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder einst genannt, worum es in dieser Kolumne in den vergangenen Jahren immer wieder einmal ging. Und tatsächlich hatten die beschriebenen Frauensachen manchmal wirklich Gedöns-Charakter. Etwa, als in Berlin der Platz vor der Akademie des Jüdischen Museums nicht nach Moses Mendelssohn benannt werden durfte, weil die im dortigen Bezirk regierenden Grünen kurz zuvor mit großem Nachdruck eine Frauenquote für Straßen und Plätze beschlossen hatten.

Dieser quotierte Namenszwang ist eines von vielen Beispielen für einen wohlstandsverwahrlosten Feminismus, der in Wirklichkeit gar keiner ist. Da wird bereits die süße rote Kirsche auf die Sahnehaube gesetzt, bevor die Sahne überhaupt geschlagen ist.

Denn solange Männer und Frauen für gleiche Arbeit noch unterschiedlich bezahlt werden, solange die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor allem als weibliche Herausforderung gesehen wird, solange Mädchen aus religiösen Gründen nicht am Schwimmunterricht teilnehmen dürfen, solange Frauen von Altersarmut ungleich häufiger betroffen sind - so lange ist der Anteil von Frauennamen im Berliner Straßenbild nun wirklich ein Luxusproblem. Das Tragische daran ist, dass solche Maßnahmen ausgerechnet denen Recht geben, die den Feminismus als Bewegung weiblicher Befindlichkeiten verstehen - emotional und überflüssig. Genau das aber ist er nicht.

Zu den Themen, die eine Kolumne namens "Frauensache" auch immer wieder einmal beschäftigt haben, gehört die Frage nach der Dirndltauglichkeit weiblicher Dekolletés oder anders formuliert: Die Frage, wie sexistisch unsere Gesellschaft ist.

Drei Jahre nach dem "Aufschrei" hat nun Jenna Behrends, eine junge CDU-Politikerin, das Thema zurück in die breite öffentliche Debatte geholt. Innensenator und Noch-CDU-Landeschef Frank Henkel hatte Behrends "große süße Maus" genannt. Seitdem heißt es, die CDU habe ein Sexismusproblem. Wenn Angela Merkel das wüsste!

Wo aber liegt die Grenze zwischen einer dämlichen Bemerkung und einer sexistischen Herabsetzung? Für Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig gibt es eine solche Grenze offenbar nicht: Sie will nun dem Herrenwitz den Garaus machen. Vielleicht wird ja die Straße vor der Komischen Oper in Berlin demnächst nach Frau Schwesig benannt. Nun ist es um den deutschen Humor ohnehin nicht gut bestellt. Kennen Sie die drei dünnsten Bücher der Welt? "Britische Gourmetküche", "Italienische Heldensagen" und "500 Jahre deutscher Humor".

Liebe Leser, so verabschiede ich mich mit einem Augenzwinkern von Ihnen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit, Ihre zahlreichen Zuschriften und Ihre Treue.

Dagmar Rosenfeld (42) wird Stellvertretende Chefredakteurin der Welt in Berlin.

(RP)
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