Kolumne: Berliner Republik Wie am ersten Schultag

Berlin · Noch nie musste sich eine Regierungskoalition mit so vielen Mühen über die Startlinie schleppen, wie das vierte Regierungsbündnis unter Angela Merkel. Eigentlich wollte niemand wirklich die große Koalition fortsetzen.

Kolumne: Berliner Republik: Wie am ersten Schultag
Foto: Quadbeck

Dennoch wird aller Voraussicht nach auch diese Regierung eine Art Honeymoon durchlaufen. Bislang erlebten alle Kabinette kurz nach ihrer Einsetzung eine Phase des sehr konstruktiven Miteinanders, das seinen Höhepunkt in einer ersten Regierungsklausur vor den Toren von Berlin findet.

Man darf sich das ein wenig wie am ersten Schultag nach den Sommerferien vorstellen. Das schlechte Zeugnis ist vergessen. Und alle stecken voller guter Vorsätze, dass es in der nächsten Runde besser läuft. Aufbruchstimmung.

Dieses Kabinett muss sich auch erst einmal kennenlernen. Nur vier Minister aus der Vorgänger-Regierung sind noch da. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ist die einzige, die auf ihrem Posten verblieben ist. Der Rest ist neu oder hat einen neuen Job.

Rein optisch ist der Neustart also tatsächlich gelungen. Die neue Minister-Mannschaft muss nun ein paar Wir-haben-verstanden-Signale senden. Ein wirkungsvoller Aufschlag im Digitalen gehört ebenso dazu wie das ehrgeizige Ziel, den ländlichen Raum zu stärken.

Zu Beginn einer Regierung stellt sich in der Regel auch der Überraschungseffekt ein, dass dieser oder jene Ministerkollege aus dem anderen Lager netter und seriöser ist, als man das vermutet hätte. Union und SPD werden es dennoch vermeiden, Zeichen der Brüderlichkeit zu setzen.

Beide Parteien haben sich vorgenommen, ihr eigenes Parteiprofil in dieser Wahlperiode stärker als bisher herauszustellen. Bei der CSU gehört das ohnehin zum Alltagsgeschäft. Bei den Bayern kommt erschwerend hinzu, dass sie im Herbst eine Wahl bestreiten müssen. Könnte sein, dass sie bis dahin den Klassen-Rowdy geben.

(quad)
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