Kolumne: Berliner Republik Das ABC der Flüchtlingspolitik

Immer neue Begriffsschöpfungen in der Flüchtlingspolitik offenbaren die allgemeine Ratlosigkeit. Julia Klöckners Plan "A 2" ist ein gutes Beispiel dafür.

Rückblickend wird die Flüchtlingskrise sicherlich einmal als Zäsur in der deutschen Politik und Angela Merkels Kanzlerschaft beurteilt werden. Möglicherweise wird man auch auf eine kuriose Phase politischer Wort- und Begriffsbildungen schauen - Wörter und Begriffe, die die Hilflosigkeit im Umgang mit dieser Krise irgendwie einhegen sollten.

Vielfach werden auch hintereinander lauter Synonyme erfunden, um zu bemänteln, dass man in der Sache nicht vorankommt, weil man sich uneinig ist. So bedeuten Transitzonen, Flughafenverfahren, Grenzzentren, besondere Aufnahmeeinrichtungen und Hotspots im Grunde genommen alle das Gleiche: In Abstufungen geht es darum, Flüchtlinge nicht frei in ein Land einreisen zu lassen, sondern sie (Achtung, neue Wortschöpfung!) in einer Sammelstelle so lange wohnen zu lassen, bis ihr Asylverfahren möglichst rasch abgeschlossen ist.

Auch der sogenannte Plan A 2, den CDU-Vizechefin Julia Klöckner am Wochenende auf den Nachrichtenmarkt geworfen hat, ist ein hübsches Beispiel für die Kreativität im Umgang mit der eigenen Planlosigkeit. Seit Wochen fordert die CSU einen Plan B, der Obergrenzen und Zurückweisungen für Flüchtlinge bedeuten würde. Auch die Österreicher gaben ihren Obergrenzen-Beschluss als Plan B aus.

Die Kanzlerin hingegen hält an ihrem Plan A fest, wonach die Flüchtlingskrise international gelöst werden und die deutschen Grenzen grundsätzlich für alle offen bleiben sollen. Nun ist Klöckner eine Vertraute und Verbündete der Kanzlerin. In der Integrations- und Flüchtlingspolitik tickt sie in Teilen aber eher wie eine CSU-Politikerin. Zudem steht sie im heimischen Wahlkampf in Rheinland-Pfalz gerade wegen der sinkenden Umfragewerte Merkels und der erstarkenden AfD mächtig unter Druck. Es war für sie also an der Zeit, sich mit einem alternativen Plan zu Merkels Politik dezent abzusetzen. Da sie aber keinesfalls die Kanzlerin in der Öffentlichkeit düpieren wollte, wie es die CSU seit Wochen macht, nannte sie ihre Vorschläge für temporäre Obergrenzen und rasche Zurückweisungen an der Grenze "Plan A 2". Die Taktik ist leicht durchschaubar. Das war Klöckner aber offensichtlich egal. Funktioniert hat es trotzdem - der notorisch merkelkritische Flügel der Union lobte Klöckners Vorschläge. Zugleich beeilten sich Merkels Verbündete, Klöckner ebenfalls den Rücken zu stärken.

Doch A 2 ist mehr eine politische Taktik als ein echter Plan. Denn die Forderungen Klöckners sind nicht neu. Sie stecken abgemildert im Asylpaket II, und für den Rest kann sich die Kanzlerin derzeit nicht erwärmen.

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(RP)
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