"Bettensteuer" gegen Berliner Gesetz Köln probt den Aufstand

Köln/Düsseldorf (RPO). Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz treibt in Köln sonderbare Blüten. In der Domstadt begehren die Kommunalpolitiker gegen das politische Diktat aus Berlin auf. Vor allem die ermäßigte Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen und die damit verbundenen Einnahmeausfälle erregen die kölschen Frohnaturen. Die beweisen nun Erfindergeist: Mit einer "Kulturförderabgabe" proben sie den politischen Zwergenaufstand.

Wer wie vom Wachstumsgesetz profitiert
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Foto: AP

Über den meisten deutschen Kommunen kreist der Pleitegeier. Der Rheinmetropole Köln geht es nicht anders. Für das laufende Jahr rechnet die Domstadt mit einem Minus von rund 150 Millionen Euro. Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, brachte die schwarz-gelbe Koalition das Wachstumsbeschleunigungsgesetz auf den Weg. Was der kränkelnden Wirtschaft auf die Beine helfen soll, bringt die Kommunen jedoch auf die Palme.

Über 1,5 Milliarden Euro Einnahmeausfälle müssen Städte und Gemeinden dank der Vorgaben aus Berlin nun verkraften. Aber die Erhöhung der Kinderfreibeträge, Änderungen am Erbschaftsrecht oder die Sofortabschreibung von Wirtschaftsgütern bis zu einem Wert von 410 Euro sorgten nicht für Diskussionen. Schwarz-Gelb hatte ein bei Experten und Bürgern hochumstrittenes Bonbon für die Hotelbesitzer in petto: Auf Übernachtungen muss künftig nur noch der ermäßigte Steuerschatz in Höhe von sieben Prozent entrichtet werden.

Die rot-grüne Regierungskoalition in Köln probt deswegen den Aufstand. 2010 würden dem arg strapazierten Stadtsäckel durch die Vorgaben aus Berlin etwa 16 Mio. Euro und ab 2011 jährlich ca. 23 Mio. Euro flöten gehen. Schnell ersann die SPD-Ratsfraktion um ihren Chef Martin Börschel eine Gegenmaßnahme: Demnach sollen die Kölner Hotels und Pensionen pro Übernachtung fünf Prozent des Übernachtungspreises an die Stadt überweisen.

"Mit der Abgabe holen wir uns in etwa das zurück, was uns der Bund durch seine unverantwortliche kommunalfeindliche Klientelpolitik wegnimmt. Insofern handeln wir aus Notwehr", erklärte Börschel, nachdem der Hauptausschuss der Stadt eine entsprechende Vorlage am Montag durchgewunken hatte. Die neue "Kulturförderabgabe", auch "Bettensteuer" genannt, soll jährlich rund 20 Millionen Euro in die leeren Kassen spülen.

Die Opposition stimmte gegen die Initiative. "Es ist ein falsches Signal für Köln, wenn hier die Spitzenreiterrolle bei Steuern, Abgaben und Gebühren angestrebt wird. Denn hier wird durch die Hintertür unter dem Vorwand der Kulturförderung de facto eine Erhöhung der Gewerbesteuer umgesetzt", wetterte der stellvertretende CDU-Fraktionschef Karl Jürgen Klipper.

Aber auch im bürgerlichen Lager bröckelt der Widerstand. Bei der SPD stand das Telefon nach eigenen Angaben zwischenzeitlich nicht still. Interessierte Gemeinden wollten wissen, was es mit der "Bettensteuer" auf sich hat. Börschel ist zuversichtlich, dass das Modell Köln bald bundesweit Schule macht: "Ich gehe davon aus, dass unserem Beispiel weitere Kommunen folgen werden. Wir sind vielleicht die Ersten, bleiben aber gewiss nicht die Einzigen!"

Vorher muss eine entsprechende Vorlage aber noch den Stadtrat passieren. Außerdem muss das Land die neue Satzung noch genehmigen, weil Köln die erste Stadt in NRW ist, die den Aufstand gegen Berlin plant.

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