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Sparen bei Arzneimittel Kassen und FDP attackieren Rösler

Köln (RPO). Der Gesundheitsminister hat sich mit seinen Plänen zu Einsparungen bei Arzneimitteln aus der Deckung gewagt. Kassen und Hersteller sollen künftig Preise von neuen Medikamenten verhandeln – ohne staatliche Kommission. Die Kassen sind skeptisch. Pharma-Riesen würden auch weiterhin Mondpreise verlangen. Auch FDP-Politiker wundern sich über ihren Minister.

Das ist Philipp Rösler
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Köln (RPO). Der Gesundheitsminister hat sich mit seinen Plänen zu Einsparungen bei Arzneimitteln aus der Deckung gewagt. Kassen und Hersteller sollen künftig Preise von neuen Medikamenten verhandeln — ohne staatliche Kommission. Die Kassen sind skeptisch. Pharma-Riesen würden auch weiterhin Mondpreise verlangen. Auch FDP-Politiker wundern sich über ihren Minister.

Es sei zwar "ein gutes Signal", dass Kassen und Hersteller künftig über Preise für neue patentgeschützte Medikamente verhandeln sollen, sagte der Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland-Hamburg, Wilfried Jacobs dem Kölner Stadt-Anzeiger. Dabei müsse eine unabhängige Kosten-Nutzen-Prüfung aber vor Beginn solcher Preisverhandlungen stattfinden und nicht, wie von Rösler gewollt, nur für den Fall gescheiterter Verhandlungen im Nachhinein.

Rösler will die Arzneimittelpreise nicht durch eine vom Staat eingesetzte Kommission festlegen lassen. Er halte es für falsch, das bisherige Preismonopol der Pharmaindustrie gleichsam durch ein staatliches Monopol zu ersetzen, sagte Rösler. Stattdessen wolle er die Industrie zu Vertragsverhandlungen zwingen. Bislang darf die Industrie die Preise für innovative Medikamente willkürlich selbst festlegen - die Kasse muss zahlen.

Rösler sagte, die Pharmaunternehmen sollten den Nutzen ihrer neuen Medikamente künftig wissenschaftlich beweisen. Dies werde anschließend vom Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen geprüft. "Es reicht nicht aus, nur ein neues Medikament zu haben, sondern es muss für die Patientinnen und Patienten wirken", sagte der Minister.

Wirkungsnachweis gewollt

Rösler erläuterte, der Wirkungsnachweis solle dann Grundlage der Verhandlungen zwischen der Pharmaindustrie und den Krankenkassen werden. "Ich bin guter Dinge, dass dann auf dem Verhandlungswege das Beste für die Versicherten erreicht werden kann", sagte der Minister.

Die Barmer GEK hält die Pläne zur Begrenzung der Arzneimittelpreise für unzureichend. "Wir begrüßen den Ansatz, in die Preisregulierung einzusteigen. Doch Verhandlungen allein werden nicht ausreichen", sagte Barmer-Vizevorstandschef Rolf-Ulrich Schlenker der "Neuen Presse" in Hannover. Das Problem sei, dass die Industrie bei der Nutzen-Bewertung eines neuen Präparates immer einen Wissensvorsprung haben werde. "Deshalb können Preisverhandlungen auch niemals gleichberechtigt stattfinden", sagte Schlenker. Die Kasse plädierte für eine unabhängige Bewertung von patentgeschützten Arzneimitteln.

Röslers Vorhaben sind auch nach Einschätzung von Experten wirkungslos. "Es wird nichts daran ändern, dass in Deutschland Mondpreise verlangt werden", sagte der Pharmakologe Peter Schönhöfer dem Kölner Stadt-Anzeiger. In Deutschland verlangten die Firmen um 80 Prozent höhere Preise als im europäischen Ausland. Während des vorgesehenen einjährigen Verhandlungszeitraums "werden die Firmen auch mit nutzlosen Präparaten abkassieren können", sagte Schönhöfer. Die von Rösler vorgesehenen Dossiers, in denen die Hersteller den Nutzen ihres neuen Medikaments belegen sollen, hätten "wie üblich den Wert von Werbebroschüren".

Schönhöfer plädierte ebenfalls für vorgeschaltete Prüfungen durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: "Erst die unabhängige Kosten-Nutzen-Bewertung, dann Verhandlungen der Kassen mit den Herstellern und erst am Schluss die Kostenerstattung durch die Kassen."

Skepsis bei Gewerkschaft

Der Vorsitzende der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, resgierte skeptische auf die Pläne. "Es ist schon überraschend, wenn ausgerechnet ein FDP-Minister Unternehmen mit Zwangsmaßnahmen droht", sagte der Gewerkschaftschef der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Natürlich müsse sich die Pharmaindustrie an der Aufgabe beteiligen, die Kosten im Rahmen zu halten. "Aber die Politik macht es sich leider immer wieder zu leicht, fast ausschließlich die Pharmahersteller anzugehen - als wenn es im großen Spektrum der Anbieter von Gesundheitsleistungen nur dort Probleme gäbe", sagte Vassiliadis. Seine Gewerkschaft vertritt die Arbeitnehmer der Branche.

Kritik an seinen Plänen wies Rösler zurück. Es sei nicht so, dass zunächst Industrie und Krankenkassen verhandeln sollten und der Staat erst bei einem Scheitern der Gespräche einen Zwangsrabatt verordnen werde, sagte Rösler. Vielmehr solle es erst ein Preismoratorium geben. Wenn dann die Verhandlungen im Sinne der Versicherten ein Erfolg gewesen seien, wolle er diese Fesseln wieder lösen.

FDP wundert sich über Rösler

In der FDP gibt es ebenfalls Widerstand gegen die Sparpläne. Martin Zeil, Wirtschaftsminister in Bayern, unterstützt Rösler zwar prinzipiell in seinen Zielen, "nur über die Wege dorthin wird man sich im Einzelnen noch unterhalten", sagte Zeil dem "Tagesspiegel". Vor allem die Zwangsrabatte stoßen auf Kritik. "Ich verstehe, dass Philipp Rösler kurzfristig die Kosten für Arzneimittel senken will. Dabei würde ich allerdings freiwilligen Regelungen den Vorrang vor Zwangsrabatten geben", sagte Zeil.

Auch Christoph Hartmann, Wirtschaftsminister im Saarland, ist skeptisch. Er kritisiert ebenfalls die "Hersteller-Zwangsrabatte" und den vom Gesundheitsminister geplanten Wegfall der Re-Importquote. "Für diese Pläne wird Philipp Rösler von uns keinen Beifall bekommen", sagte der FDP-Minister. Der Wegfall der Quote, die derzeit bei sechs Prozent liegt, würde allein im Saarland 700 Arbeitsplätze kosten. "Es ist natürlich prinzipiell richtig, in alle Richtungen zu denken, auch in die der Arzneimittelkosten, aber es ist immer die Frage, wie nachhaltig das Ganze ist", sagte Hartmann.

(DDP/das)
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