Grundsatzentscheidung Regierung darf Armee auch ohne Bundestags-Beschluss einsetzen

Karlsruhe · Muss das Parlament vor einem Einsatz der Bundeswehr befragt werden oder nicht? Die Verfassungsrichter in Karlsruhe finden: Grundsätzlich ja. Im Eilfall könnten aber Ausnahmen gemacht werden

Karlsruhe stärkt den Bundestag bei Bundeswehreinsätzen
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Die Bundesregierung muss für alle bewaffneten Bundeswehr-Einsätze im Ausland die Zustimmung des Parlaments vorab einholen. Ausnahmen gelten nur bei "Gefahr im Verzug" etwa zur Rettung von Menschenleben, wie das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch in Karlsruhe verkündeten Urteil entschied. Demnach ist die Zustimmungspflicht zu solchen Auslandseinsätzen nicht auf Missionen mit möglicher Gewaltanwendung beschränkt: Auch Einsätze mit "humanitärer Zielsetzung" oder "geringer Intensität und Tragweite" unterliegen dem Parlamentsvorbehalt, entschied das Gericht auf die Klage der Grünen-Fraktion.

Bei Auslandseinsätzen "wegen Gefahr in Verzug" - etwa zur Rettung von Menschen vor drohender Gewalt aus Bürgerkriegsländern - gelten diese Vorgaben zur Parlamentszustimmung nicht, entschieden die Richter: Die Bundesregierung kann solche Einsätze zunächst allein beschließen. Sie muss jedoch so früh wie möglich eine Entscheidung des Bundestags über die Fortsetzung des Einsatzes veranlassen.

Ist ein derartiger Einsatz dann bereits schon abgeschlossen, muss sich die Bundesregierung diesen Einsatz nicht mehr nachträglich vom Parlament genehmigen lassen, wie es in dem Urteil heißt. Die Bundesregierung hat dann aber sämtliche Bundestagsabgeordnete schriftlich über die Gründe der Einsatzentscheidung und den tatsächlichen Verlauf der Mission umfassend zu unterrichten.

Grüne scheiterten 2011

Damit hatten die Grünen als Kläger in diesem Punkt keinen Erfolg. Anlass ihrer Klage war die sogenannte Operation Nafurah in der ostlibyschen Wüste am 26. Februar 2011. Damals holte die Bundeswehr mit zwei Transall-Maschinen 132 Menschen, darunter 22 Deutsche, aus dem Ort Nafurah nahe einem Ölfeld in dem Bürgerkriegsland. An Bord der Flugzeuge waren je zehn bewaffnete Soldaten. Die Transall-Maschinen waren zudem mit Raketen zur Eigensicherung bestückt. Zu Zwischenfällen kam es damals nicht.

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Die Bundesregierung hatte das Parlament weder zuvor noch danach um Zustimmung zu dem Einsatz gebeten, weil sie davon ausging, es habe sich nicht um eine "bewaffnete" Mission gehandelt. Die Kläger von den Grünen sahen darin eine Umgehung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes, das die Zustimmungsrechte des Bundestages bei Auslandsmissionen deutscher Soldaten seit 2005 regelt.

(dpa)
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