Kritik nach Grundsatzparteitag Justizminister wirft AfD "Eingriffe in die Religionsfreiheit" vor

Berlin · Heiko Maas sieht im Programm der Rechtspopulisten Verstöße gegen das Grundgesetz. Die Kirchen sind empört über die AfD-Forderungen.

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Foto: dpa/Kay Nietfeld

Mit scharfer Kritik haben am Montag die im Bundestag vertretenen Parteien sowie die drei großen Religionsgemeinschaften auf das am Wochenende beschlossene Programm der AfD reagiert. Justizminister Heiko Maas sieht im AfD-Programm "gleich mehrere Eingriffe in die Religionsfreiheit", wie er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte. Es werde ein Rechtsverständnis der Partei deutlich, "bei dem die Grundrechte nicht allen, sondern nur einer der AfD genehmen Gruppe zugestanden werden sollen", kritisierte Maas.

Eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz lehnt Maas dennoch ab. "Die primäre Auseinandersetzung muss politisch erfolgen", sagte er.

Die AfD hatte sich am Wochenende bei ihrem Grundsatzparteitag in Stuttgart unter anderem dafür ausgesprochen, Minarette und den Muezzinruf zu verbieten. Ganzkörperschleier sollen komplett und das Tragen von Kopftüchern in Schulen und Universitäten verboten werden. Den Muslimen soll auch die Bildung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts untersagt werden. Den Religionsunterricht an Schulen stellt die AfD generell infrage — nicht nur den islamischen, auch den katholischen und evangelischen.

Die Reaktionen auf die Beschlüsse fielen heftig aus. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, warf der AfD die Spaltung der Gesellschaft vor. Das CDU-Präsidium diskutierte die AfD-Beschlüsse ausführlich. Hinterher sagte Generalsekretär Tauber: "Aus unserer Sicht ist die AfD eine Anti-Deutschland-Partei." Tauber betonte, die AfD sei weder freiheitlich, konservativ oder patriotisch, sondern reaktionär. In der Sitzung betonte ein Präsidiumsmitglied der Christdemokraten, die AfD sei eine deutschnationale Partei.

Die stellvertretende Parteivorsitzende Julia Klöckner rief dennoch im Umgang mit der AfD zur Mäßigung auf: "Wir sollten nicht dazu übergehen, die AfD zu ignorieren oder zu beschimpfen", sagte Klöckner unserer Redaktion. "Wir müssen heikle Themen offen erklären und diskutieren, um so AfD-Wähler mit Argumenten zurückzuholen." Zugleich machte sie deutlich, dass die AfD kein Partner für die CDU sei.

Bei den Religionsgemeinschaften war die Kritik an der AfD groß. Ein solch islamfeindliches Programm spalte das Land, sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, erklärte, die AfD-Positionen seien "mit christlichen Grundorientierungen nicht vereinbar".

Die Beschlüsse hätten die religionsfeindliche Haltung der Partei "glasklar deutlich gemacht", sagte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster. Der katholische Stadtdekan von Stuttgart, Christian Hermes, in dessen Stadt die AfD ihren Parteitag abgehalten hatte, warf der AfD Geschichtsvergessenheit vor. "Wissen Sie, wir hatten historisch auch schon mal Zeiten in Deutschland, als der hochverehrte Bismarck überzeugt davon war, dass die Katholiken nicht zu Deutschland gehören", sagte er dem Kölner Domradio. Dies sei ein Staatsverständnis des 19. Jahrhunderts, "dem wir uns als christliche Kirchen deutlich entgegenstellen".

(qua)
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