Gastbeitrag von Julia Klöckner "Wo Rechte sind, da sind auch Pflichten"

Düsseldorf · Julia Klöckner, die Spitzenkandidatin der rheinland-pfälzischen CDU für die Landtagswahl im März, bezeichnet Integration als Pflicht für alle Beteiligten. Zudem wünscht sie sich einen verstärkten Dialog in der Gesellschaft. Ein Gastbeitrag.

 Julia Klöckner schreibt in ihrem Gastbeitrag für die Rheinische Post über Integration.

Julia Klöckner schreibt in ihrem Gastbeitrag für die Rheinische Post über Integration.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Sprache ist der Schlüssel. Gute Deutschkenntnisse sind für jeden Flüchtling die Voraussetzung für eine gute Zukunft in unserem Land. Klare Sprache ist aber genauso wichtig für uns, wenn es um klare Gedanken geht - denn nur daraus wird erfolgreiches Handeln.

Kein anderes Feld liefert derzeit so viel Diskussionsstoff wie die Flüchtlingspolitik. Dabei werden Begriffe benutzt, die manchmal Teil des Problems sind, weil jeder etwas anderes darunter versteht. "Einwanderungsgesetz" ist so ein Beispiel, "Obergrenze" oder "Kontingente" sind weitere. Und auch das Wort "Integration" ist erklärungsbedürftig.

Die CDU Rheinland-Pfalz hat diese Erklärung eingefordert und auch geliefert. Unser Vorschlag eines Integrationspflicht-Gesetzes mit individuellen Integrationsvereinbarungen ist in Beschlüsse des CDU Bundesvorstands eingeflossen und wird mittlerweile sogar von Spitzenpolitikern der SPD, wie Frau Nahles und Herrn Gabriel übernommen.

Wir dürfen die Integration so vieler Menschen nicht dem Zufall überlassen, sondern müssen sie begleiten und mangelnde Bereitschaft notfalls auch ahnden. Wo Rechte sind, da sind auch Pflichten - dieses zivilisatorische Naturgesetz bildet die Grundlage unserer Rechtsordnung. Dazu zählt auch die Tatsache, dass Regeln eingehalten und Verstöße bestraft werden, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegt und unsere Gerichtsbarkeit weltlich und religiös unabhängig ist. Für uns eine Selbstverständlichkeit, für fast alle Menschen, die zu uns kommen, nicht.

Viele von ihnen streben nach Deutschland, weil sie unser Land bewundern. Was sie aber oft unterschätzen: unser Erfolg fußt auf dem Prinzip des Rechtsstaats, auf unserer Kulturgeschichte und muss von Generation zu Generation neu erarbeitet werden.

Im Ergebnis leben wir in einer hochmodernen, liberalen und aufgeklärten Gesellschaft. Wir haben für unsere Freiheitsrechte gekämpft und sind entschlossen, sie zu verteidigen. Wer damit nicht zurechtkommt, hat sich das falsche Land ausgesucht. Wer Teil dieser Erfolgsgeschichte werden möchte, braucht die Bereitschaft, mit uns in dieser Gesellschaft zu leben.

Uns allen muss am Integrationserfolg genauso gelegen sein wie jedem zu Integrierenden. Deshalb darf dieser Prozess auch nicht nur freiwillig geschehen. Integration ist Pflicht für alle Beteiligten, für den deutschen Staat und für unsere künftigen Mitbürger. Das gilt vor allem auch bei der Integration in unsere Bildungs- und Sozialsysteme. Wenn diese Schaden nehmen dann gibt es am Ende nur Verlierer.

In Schulen, Berufsschulen und Betrieben wird das ganz konkret. Deutschvorlaufklassen und Berufsvorbereitungsjahre, wie wir sie fordern, sind nicht nur für junge Flüchtlinge der bestmögliche Einstieg, sondern schützen Mitschüler, Lehrer und Betriebe vor Überforderung. Auch hier gilt: Fordern und Fördern. Wir machen keine Angebote zur Güte, sondern schließen Verträge auf Gegenseitigkeit.

Wer sind wir Deutsche im Jahr 2016?

Was bedeutet Integration? Diese Frage hält uns auch den Spiegel vor, geht es doch um unsere eigene Identität als Land und als Volk, kulturell und staatsrechtlich. Während die kulturelle Dimension "atmet", sich also weiterentwickelt und vom Austausch mit anderen Kulturen lebt, definiert der rechtliche Aspekt die statischere Komponente, wie Sprache und geografische Grenzen.

Die Integration von Flüchtlingen stellt somit auch einen notwendigen Prozess der Selbstvergewisserung dar. Was ist Deutschland, wer sind wir Deutsche im Jahr 2016? Was ist uns wichtig? Was ist unverrückbar und was ist variabel?

Aus diesem gesellschaftlichen Dialog ergibt sich ein Anforderungskatalog an uns selbst und an jeden, der bei uns leben möchte. Für uns ist Integration dann erfolgreich, wenn Menschen sich in der Mitte der Gesellschaft wiederfinden, selbstbestimmt leben und Anerkennung, Geborgenheit und zwischenmenschliche Kontakte dort und nicht in kulturellen Parallelgesellschaften suchen.

Integration ist dabei aber weder die restlose Assimilierung unter Aufgabe der eigenen Identität, noch ein beliebiges kulturelles Nebeneinander im Sinne von Multikulti.

"Fördern und Fordern - Eckpunkte für die Integration von Schutzsuchenden", lautet der Titel eines zwölfseitigen Beschlusspapieres, das der CDU-Bundesvorstand an diesem Montag verabschieden will. Hier können Sie es als PDF anschauen und herunterladen.

(RP)
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