CDU-Parteitag in Hannover Julia Klöckner - jung, forsch, konservativ

Julia Klöckner ist der neue Liebling der CDU. Die 39-jährige Journalistin aus dem rheinland-pfälzischen Nahetal wirkt erfrischend und authentisch. Was sie inhaltlich will, wissen indes nur wenige.

Julia Klöckner – Bundeslandwirtschaftsministerin, Darling der CDU und Ex-Weinkönigin
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Das ist Julia Klöckner

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Auf dem Bundesparteitag der CDU in Hannover ist Julia Klöckner gefragt wie kaum jemand sonst. Delegierte wollen ein Foto mit ihr machen, Aussteller drängeln sich um die CDU-Politikerin, sobald diese aus der Messehalle 13 heraus in das Foyer läuft. Beim Niedersachsen-Abend darf die rheinland-pfälzische CDU-Frau gleich neben der Kanzlerin Platz nehmen. Klöckner ist der neue Star der Partei.

"Das Lächeln der CDU"

Die 39-Jährige wirkt stets fröhlich, entspannt, gut gelaunt. "Julia ist das Lächeln der CDU", sagt ein Delegierter aus Rheinland-Pfalz mit reichlich Stolz in der Stimme. Was der Vorsitzenden Angela Merkel an emotionalem Überschwang fehlt, bringt die frühere Weinkönigin, ausgebildete Journalistin und studierte Theologin mit. Das unaufgeregte, authentische Auftreten wird in der Partei als wesentlicher Grund für das Rekordergebnis von fast 93 Prozent angesehen, das Julia Klöckner als stellvertretende Parteivorsitzende am Dienstagabend erhalten hat.

Nun ist Julia Klöckner formal die stärkste Merkel-Stellvertreterin, die erste Frau hinter der Chefin. Dass die rheinland-pfälzische Oppositionsführerin erst 2016 wieder in eine Landtagswahl gehen muss und auf dem Parteitag in Hannover eigentlich der wahlkämpfende niedersächsische Regierungschef David McAllister im Fokus stehen sollte, lässt sich ebenfalls als Zeichen der ungewöhnlichen innerparteilichen Beliebtheit Klöckners deuten. Doch wofür steht Julia Klöckner eigentlich?

Anwältin der ländlichen Räume

So richtig klar wurde das in Hannover nicht. In ihrer inhaltlich eher dürftigen Antrittsrede warb Klöckner für eine generationengerechte und wertebasierte Politik, für solide Finanzen. Das haben schon andere gesagt. Immerhin: Julia Klöckner sieht sich als Anwältin der ländlichen Räume.

Das Wort Provinzpolitikerin versteht sie nicht als Schimpfwort. Dass sie vor zwei Jahren den lukrativen Staatssekretärs-Job im Berliner Verbraucherministerium aufgab, um in Rheinland-Pfalz den zerstrittenen Landesverband zu übernehmen und als Spitzenkandidatin gegen den damals noch allmächtigen Kurt Beck anzutreten, rechnet ihr nicht nur Kanzlerin Merkel hoch an. "Heimat ist mir sehr wichtig", sagt Klöckner, die das Netzwerken und Menscheln auf den heimatlichen Dorffesten nahezu perfektioniert hat. "Geländegängigkeit" nennt Klöckner selbst ihr Talent, mit "de Leut zu schwätze".

Neben den übrigen Merkel-Stellvertretern, den Großstädtern Armin Laschet (Düsseldorf), Thomas Strobl (Stuttgart) und Ursula von der Leyen (Hannover) ist die regionale Karte zunächst einmal keine schlechte Strategie für Klöckner. Dass sich die unverheiratete Theologin stets als wertkonservative Frau präsentiert, etwa bei den Themen Sterbehilfe, steuerliche Gleichstellung der Homo-Ehe oder der Embryonenforschung, mag ihr dabei helfen. Auch ein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare lehnt sie ab.

Doch alleine Kämpfer für ländliche Räume zu sein, ist zu wenig. Schließlich will die Merkel-CDU derzeit einen anderen Weg gehen. Die Strategen der Bundesparteizentrale wollen im Wahljahr mit Konzepten zur Integration der Zuwanderer und bezahlbaren Wohnraum gerade das Lebensgefühl der Großstädter ansprechen. Wie die Wahlverluste in Hamburg, Köln, Frankfurt, Stuttgart und zuletzt Karslruhe gezeigt haben, herrscht in der CDU akuter Nachholbedarf bei der Ansprache der Stadtmenschen. Die Grünen haben hier der CDU den Rang abgelaufen. Die ländlichen Regionen sind dagegen ohnehin meist konservativ geprägt.

Auch das Thema Finanzpolitik wird bislang eher nicht bei der früheren Staatssekretärin im Verbraucherschutzministerium verortet. Klöckners Plädoyer für eine solide Haushaltspolitik wirkt auch deshalb wenig überzeugend, wirbt die CDU-Politikerin doch zugleich für die Besserstellung der Mütterrenten, ein äußerst kostspieliges Unterfangen.

Der Frische-Faktor, mit dem Julia Klöckner in Hannover zum umjubelten Star neben der Vorsitzenden Angela Merkel avancierte, dürfte daher rasch verbraucht sein. Die CDU-Politikerin aus Bad Kreuznach wird dann zeigen müssen, mit welchen inhaltlichen Ideen sie ihre Partei profilieren kann. In dem Wahlergebnis von 92 Prozent stecken daher reichlich Hoffnungswerte.

(brö)
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