Bundespräsident Joachim Gauck Kurs auf den Ruhestand

Berlin · Joachim Gauck muss sich bald entscheiden, ob er noch einmal fünf Jahre Bundespräsident sein möchte. Es sieht nicht danach aus.

 Bundespräsident Joachim Gauck.

Bundespräsident Joachim Gauck.

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Das Sympathische an Bundespräsident Joachim Gauck ist seine Begeisterungsfähigkeit - für Freiheit, für Demokratie und für die kleinen Dinge des Alltags. Als er im Oktober die USA bereiste, stand er lange vor der Freiheitsglocke in Philadelphia und dachte laut über die Wurzeln der Demokratie nach. Er berührte das Symbol der amerikanischen Freiheit nicht nur, er stützte sich auch sanft ab auf der "Liberty Bell".

Der Bundespräsident wird in der kommenden Woche 76 Jahre alt, und seine Leute vermeiden es, dass er bei offiziellen Terminen lange stehen muss. Es seien die Knie, heißt es im Berliner Regierungsviertel, die ihm zu schaffen machen.

Wenige Wochen nach seinem 76. Geburtstag wird er sich entscheiden müssen, ob er für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren als Bundespräsident antritt. Im Berliner Regierungsviertel rechnet man damit, dass Gauck bald nach den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt am 13. März seine Entscheidung öffentlich bekannt geben wird. Seine Amtszeit endet offiziell am 17. März 2017. Die nächste Bundespräsidentenwahl ist auf den 12. Februar 2017 festgelegt.

Sollte Gauck sich entscheiden, noch einmal anzutreten, dann kann er mit einer ähnlich großzügigen Mehrheit in der Bundesversammlung rechnen wie 2012, als ihn Union, SPD und Grüne unterstützten und er knapp 80 Prozent erhielt.

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Für die Regierungsspitzen in Berlin käme es einer Erlösung gleich, wenn Gauck noch einmal anträte. Denn eine Kandidatensuche für das Bundestagswahljahr 2017 könnte zu einem politischen Drama werden, das dem Präsidentenamt die Würde raubt, die Gauck ihm gerade mit Klugheit und Disziplin zurückgegeben hat.

Da es sich aber nicht gehört, den Bundespräsidenten unter Druck zu setzen wie x-beliebige Bundestagsabgeordnete, gerät Gauck gerade von einer Charme-Offensive in die nächste. Er sei ein "hervorragender Bundespräsident", lobte Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) zum Jahresauftakt. "Ich werde ihn auf jeden Fall unterstützen, in jeder Richtung", ließ Kanzlerin Angela Merkel schon im August wissen.

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Doch die Wahrscheinlichkeit, dass sich Gauck gegen eine zweite Amtszeit entscheidet, ist größer, als dass er im Schloss Bellevue in die Verlängerung geht. Aus seinem Freundeskreis ist zu hören, dass man nicht mit einer zweiten Amtszeit rechnet. So begeistert er sein Amt bei öffentlichen Auftritten ausfüllt, so leidet er doch am engen Korsett, das ein Protokoll dem Staatsoberhaupt umbindet. Gauck spricht gerne frei. Als Bundespräsident kann er dies nur eingeschränkt tun. Dennoch hat er in den zurückliegenden vier Amtsjahren gerade in diesem Punkt sehr viel mehr Disziplin aufgebracht, als es ihm die Kanzlerin anfangs zutraute. Der frühere Pfarrer hat sich bislang keine nennenswerten Fehler geleistet. Die politischen Botschaften, die er setzt, stimmt er grundsätzlich mit dem Kanzleramt ab. Auch die inhaltliche Disziplin kostet ihn Kraft.

Gauck muss nichts mehr beweisen. Als Präsident hat er alles erreicht: Ihm gelang es, nach den unglücklich frühzeitig beendeten Amtszeiten von Horst Köhler und Christian Wulff das Amt wieder mit Seriosität auszufüllen. Er ist im Volk beliebt, ohne der Versuchung erlegen zu sein, sich gegen das politische Establishment mit den Bürgern gemein zu machen. Im Gegenteil: Immer wieder warb er auch für den unbeliebten Teil der Demokratie - die Parteien.

Seine Reise als Bundespräsident in die USA war für ihn auch eine persönliche Krönung. Üblicherweise empfängt der US-Präsident nicht das repräsentative deutsche Staatsoberhaupt. Für Gauck machte Barack Obama eine Ausnahme. Willkommener Anlass waren 25 Jahre deutsche Einheit. Die Unterredung dauerte deutlich länger als geplant, und Gauck nutzte die Gelegenheit, die deutschen Sorgen in der Flüchtlings- und Syrienkrise zu schildern.

Gauck muss auch keine Sorge haben, dass seine Worte nicht nachhallen werden, wenn er 2017 abtritt. Er hat ein paar bemerkenswerte Reden gehalten. Seine Amtszeit wird als jene Phase der deutschen Politik in Erinnerung bleiben, in der Deutschland mehr Verantwortung in der Welt übernommen hat. Verantwortung, die er in einer Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 einforderte.

Und dann ist da noch seine Lebensgefährtin Daniela Schadt, eine kluge Journalistin, die ihn gut beraten wird - und die möglicherweise in ihren Job zurückmöchte.

(qua)
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