Streit um Jan Böhmermann Erdogan reicht neue Klage gegen Schmähgedicht ein

Hamburg · Der Rechtsstreit um das Schmähgedicht von ZDF-Moderator Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geht in die nächste Runde. Jetzt will der Türke das komplette Schmähgedicht verbieten lassen.

Recep Tayyip Erdogan: Das ist der türkische Staatspräsident
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Erdogans Anwalt Michael-Hubertus von Sprenger hat daher Klage beim Hamburger Landgericht eingereicht. In einem Hauptsacheverfahren will er ein Komplettverbot des Gedichts erreichen, wie von Sprenger am Samstag der Deutschen Presse-Agentur sagte. Zuvor hatte das Magazin "Spiegel" über die Klage berichtet.
Wie ein Gerichtssprecher am Sonntag bestätigte, ging die Klage bereits am Mittwoch in Hamburg ein.

Auf Antrag Erdogans hatte das Hamburger Landgericht bereits Mitte Mai eine einstweilige Verfügung gegen den ZDF-Moderator Böhmermann erlassen. Böhmermann darf den größeren Teil seines Gedichts, das er am 31. März in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" vorgetragen hatte, damit nicht wiederholen. Bei dem Beschluss geht es um Passagen, die Erdogan nach dem Gericht zufolge angesichts ihres schmähenden und ehrverletzenden Inhalts nicht hinnehmen müsse (Az.: 324 O 255/16).

Erdogans Anwalt will nun ein Verbot des ganzen Gedichts erwirken.
"Böhmermann kann sich nicht auf Kunst berufen, wenn er selbst behauptet, das Kunstwerk stamme gar nicht von ihm", sagte von Sprenger dem "Spiegel". Böhmermann hatte in einem mit der Wochenzeitung "Zeit" schriftlich geführten Interview auf die Frage geantwortet, ob er das Gedicht selbst geschrieben habe: "Nein.
Quelle: Internet."

Von Sprenger erklärte, Böhmermann sage selbst, es handele sich um ein Plagiat: "Wie will ich mich auf Kunst berufen, wenn es nicht meine ist?". Der Anwalt betonte, es hätten sich zudem neue Gesichtspunkte ergeben, die zu einer anderen Bewertung des Gerichts führen könnten.
Zu Einzelheiten wollte er sich jedoch zunächst nicht äußern - erst solle die Gegenseite reagieren. Im Wesentlichen stütze er sich aber auf die Argumente, die er bereits im Verfügungsverfahren vorgetragen habe, sagte von Sprenger - etwa dass Böhmermanns Gedicht "tief unter der Gürtellinie" sei.

Im Gegensatz zu einem Verfügungsverfahren ist gegen eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren der Rechtsweg bis zum Bundesgerichtshof oder Bundesverfassungsgericht möglich, wie der Hamburger Gerichtssprecher erklärte.

Zur Begründung der einstweiligen Verfügung hatte das Hamburger Landgericht erklärt, das Gericht habe zwischen der Kunst- und Meinungsfreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Antragstellers abwägen müssen. In Form von Satire geäußerte Kritik am Verhalten Dritter finde ihre Grenze, wo es sich um eine reine Schmähung handele oder die Menschenwürde angetastet werde.
Böhmermanns Gedicht überschreite diese Grenze in bestimmten Passagen, die schmähend und ehrverletzend seien, so das Landgericht. Die übrigen Teile setzten sich in zulässiger Weise satirisch mit aktuellen Vorgängen in der Türkei auseinander.

Böhmermanns Anwalt Christian Schertz hatte nach der Entscheidung gesagt, dem Hamburger Landgericht seien dabei schwere handwerkliche Fehler unterlaufen. Er hatte angekündigt, notfalls auch bis zum Bundesverfassungsgericht zu gehen.

Neben dem Presseverfahren in Hamburg läuft in Mainz noch ein Ermittlungsverfahren gegen Böhmermann wegen des Verdachts auf Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts. Dies wurde möglich, nachdem die Bundesregierung eine Ermächtigung wegen des Strafverlangens der türkischen Regierung erteilt hatte.

(felt/dpa)
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