Jamaika-Sondiererungen Einigung bei Klimaschutz weiterhin nicht in Sicht

Berlin · In wenigen Tagen wollen CDU, CSU, FDP und Grüne die Sondierungs-Gespräche beenden. Bei der Konsenssuche kommen sie allerdings nur mühsam voran. Vor allem über die Klimaschutz-Politik wird heftig debattiert.

 Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt (r.) und der Grünen-Parteivorsitzende Cem Özdemir.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt (r.) und der Grünen-Parteivorsitzende Cem Özdemir.

Foto: dpa, nie

Die Sondierungen sind inzwischen in der vierten und voraussichtlich letzten Woche: Am Donnerstag - oder in der Nacht zum Freitag - wollen die Verhandlungsführer in einer letzten Sitzung entscheiden, ob die Grundlage für offizielle Koalitionsverhandlungen gegeben sind. "Die Sondierung war erst völlig wolkig, wurde letzte Woche realistischer und wird jetzt konkret", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer.

Um die Kompromisssuche zu erleichtern, zogen die Partei- und Fraktionschefs die Verhandlungen an sich. Verhandelt wurde am Montag jeweils etwa eine Stunde lang über ein bestimmtes Thema, dafür kam jeweils ein Experte der vier Parteien dazu. Es ging um Kommunen, Klima, Bildung, Inneres und Familien. Die Gespräche endeten nach knapp fünf Stunden.

"Die Chancen für Jamaika sind gestiegen", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) der "Passauer Neuen Presse" (Dienstagsausgabe). "Ich bin zuversichtlich, dass es gelingt und wir am Freitag ein positives Sondierungsergebnis haben werden." Alle am Verhandlungstisch wüssten, "dass eine Neuwahl zu keinem wesentlich anderen Ergebnis führen, aber vor allem das Vertrauen in Politik weiter beschädigen würde".

Eine Einigung gab es am Montag zum Thema Digitalisierung. Es gebe "keine eckigen Klammern" mehr, schrieb die CSU-Politikerin Dorothee Bär auf Twitter in Bezug auf die Verhandlungstexte, in dem die Jamaika-Parteien Streitpunkte in eckige Klammern setzen. Union, FDP und Grüne planen unter anderem einen Ausbau des schnellen Internets und das Schließen von Funklöchern auf dem Land.

Keine Einigung ist dagegen beim Thema Familiennachzug in Sicht. Die Grünen-Politikerin Claudia Roth beharrte in der "taz" darauf, ab März 2018 für Flüchtlinge beispielsweise aus Syrien und Irak den Familiennachzug wieder zu erlauben. "Für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus sehe ich keine Möglichkeit, den Familiennachzug wieder zuzulassen", bekräftigte Kauder in der "Passauer Neuen Presse" hingegen die harte Unionslinie.

Kohleausstieg hochumstritten

Auch beim Thema Klimaschutz streiten die Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen weiterhin darüber, wie viele Kohlekraftwerk-Blöcke abgeschaltet werden müssen, um die deutschen Klimaziele zu erreichen. In den Beratungen mit den Verhandlungsführern um Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten Union und FDP angeboten, die Stromgewinnung aus Kohle bis 2020 um drei bis fünf Gigawatt zu reduzieren. Die Grünen wollen um acht bis zehn Gigawatt reduzieren.

Zuvor war der Druck von FDP und Grünen auf die Union gewachsen, mit konkreten Zugeständnissen den Weg für Koalitionsverhandlungen zu ebnen.

Die Deutsche Presse-Agentur erfuhr aus Teilnehmerkreisen, es sei in den Klimaverhandlungen am Montag nicht über Kraftwerke und erst recht nicht über deren Schließung gesprochen worden. Man sei dabei, mit Fachleuten den Ist-Stand der CO2-Lücke und Versorgungssicherheit zu klären. Unter CO2-Lücke versteht man die Differenz zwischen dem aktuellen Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) in Deutschland und dem Ziel bis 2020. Bis dahin sollen die Treibhausgase um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert werden. Dieses Ziel gilt Fachleuten als kaum mehr erreichbar.

Özdemir: "Geordneter Ausstieg" unvermeidbar

Aus Verhandlungskreisen hieß es, die Fachgruppe Energie und Klima wolle an diesem Dienstag erneut mit externen Sachverständigen beraten, wie groß die CO2-Lücke tatsächlich ist.

Die Grünen wollen bis 2020 insgesamt 20 Kohlekraftwerk-Blöcke abschalten. Insgesamt müssten nach ihrer Auffassung etwa 90 bis 120 Millionen Tonnen CO2 weniger ausgestoßen werden. FDP und Union gehen von 32 bis 66 Millionen Tonnen aus.

Grünen-Chefin Simone Peter sagte über das Unionsangebot: "Das ist weit unter dem, was in der wissenschaftlichen Expertise begutachtet wird." Damit erreiche man die Klimaziele nie. Die Grünen würden genau darauf achten, dass die Lücke nicht kleingerechnet werde.

Auch Grünen-Chef Cem Özdemir bekräftigte die Forderung nach mehr Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel. Deutschland müsse seine Klimaschutzziele erfüllen; dazu sei ein "geordneter Ausstieg" aus der Kohleverstromung unvermeidbar.

CSU bleibt hart beim Thema Kohleausstieg

Dieser war der Zeitung zufolge von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) in die Sondierungen eingebracht worden. Demnach müssten einzelne Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, sobald die ihnen zugewiesene Emissionsmenge verbraucht ist.

Die CSU gab sich in Sachen Kohleausstieg allerdings hart. "Einen Kohleausstieg, das ist vollkommen abwegig, den wird es natürlich nicht geben", sagte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der ARD. Die Grünen hatten vor einer Woche Kompromissbereitschaft signalisiert und entgegen ihrer Wahlkampfforderung nicht mehr auf einer konkreten Jahreszahl für den vollständigen Kohleausstieg bestanden.

(ate/afp/dpa)
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