Kampf gegen IS Von der Leyen erwägt Allianz mit syrischen Regierungstruppen

Berlin · Aufklärungsjets, Fregatte, Tankflugzeug: Die Bundeswehr rüstet sich für den gefährlichen Einsatz gegen Islamisten in Syrien. Am Dienstag stellt das Kabinett die Weichen. Die Verteidigungsministerin schließt eine Kooperation mit syrischen Regierungstruppen nicht aus.

 Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen schließt nicht aus, dass die Bundeswehr im Kampf gegen den IS mit syrischen Regierungstruppen kooperiert.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen schließt nicht aus, dass die Bundeswehr im Kampf gegen den IS mit syrischen Regierungstruppen kooperiert.

Foto: dpa, frg hpl cul jol

Die Bundeswehr-Führung will deutlich mehr als 1000 Soldaten bei der von der Bundesregierung angekündigten Syrien-Mission einsetzen. "Aus militärischer Sicht wird die für den Betrieb der Flugzeuge und Schiffe notwendige Zahl voraussichtlich bei etwa 1200 Soldatinnen und Soldaten liegen", kündigte Generalinspekteur Volker Wieker im Gespräch mit "Bild" an. Damit würde die Beteiligung deutscher Soldaten am Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) der größte aktuelle Auslandseinsatz der Bundeswehr. Der Einsatz soll 134 Millionen Euro kosten, berichtet die ARD.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) schließt dabei auch eine Beteiligung syrischer Regierungstruppen nicht aus. "Es wird keine Zukunft mit (Baschar al-)Assad geben", sagte sie am Sonntagabend im ZDF. Sobald klar sei, was mit Syriens Machthaber geschehe, sei es aber "richtig, über die syrischen Truppen zu sprechen". "Dann muss das neu bewertet werden."

Einsatz soll noch in diesem Jahr beginnen

Die Bundesregierung traf die Grundsatzentscheidung für die Militäroperation am Donnerstag aus Solidarität mit dem vom Terror getroffenen Nachbarn Frankreich. Das Verteidigungsministerium arbeitet unter Hochdruck an den Details. Am Dienstag will das Kabinett entscheiden, und auch die Beratungen im Bundestag sollen nicht lange dauern. Der Einsatzbeginn könne "sehr rasch nach Mandatierung erfolgen", sagte Wieker. Die Bundesregierung strebe ein Mandat noch in diesem Jahr an.

Konkret will Deutschland mit "Tornado"-Aufklärungsflugzeugen und einem Kriegsschiff in den Anti-IS-Kampf eingreifen. Allein die Besatzung der Fregatte, die den französischen Flugzeugträger "Charles de Gaulle" im Mittelmeer schützen soll, wird nach Einschätzung von Experten aus mehr als 200 Soldaten bestehen.

Zudem sollen ein Tankflugzeug und Satellitenaufklärung zur Verfügung gestellt werden. Knapp zwei Wochen nach den Anschlägen von Paris hatte die Bundesregierung beschlossen, einer entsprechenden Bitte von Frankreichs Präsidenten François Hollande nachzukommen.

Einsatz gegen IS ist umstritten

Für den Syrien-Einsatz werde die Luftwaffe vier bis sechs Tornados bereitstellen können, um sie überlappend einzusetzen. Die Politik entscheide über die Dauer des Syrien-Einsatzes. "Militärisch sind wir durchhaltefähig." Eine Beteiligung an den Luftangriffen in Syrien hält der Generalinspekteur zum jetzigen Zeitpunkt nicht für sinnvoll.

In diesen Ländern gibt es gefährliche IS-Ableger
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Der internationale Einsatz gegen die IS-Terroristen in Syrien bleibt in Deutschland umstritten. Vor allem die von Frankreich ins Spiel gebrachte Kooperation mit Streitkräften des Regimes stößt auf Kritik.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, stärkt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen den Rücken. "Es ist richtig, für den Neuaufbau des Landes und für den nachhaltigen Kampf gegen den IS auch mit Assads Truppen zusammenzuarbeiten", sagte Arnold unserer Redaktion. Das stehe aber noch nicht direkt auf der Agenda. "Perspektivisch gibt es für Syrien keine Zukunft mit Assad und seinem Familien-Clan", betonte Arnold. Man dürfe aber nicht die Fehler der Vergangenheit aus dem Irak, aus Libyen und auch aus Afghanistan wiederholen, wo sämtliche Verwaltungs- und Sicherheitsstrukturen der Länder am Ende zerschlagen waren.

Der SPD-Außenexperte Niels Annen sieht die Sache anders als sein Parteikollege. Er nannte den Pariser Vorstoß in der "Frankfurter Rundschau" wenig hilfreich.

Meinungen in SPD und CDU gespalten

Auch in der CDU gehen die Meinungen auseinander. Aus Sicht des stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Armin Laschet führt kein Weg an einer Zusammenarbeit des Westens mit den Assad-Truppen vorbei. Anders sieht es der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen. Er lehnt eine Zusammenarbeit mit den Truppen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad strikt ab. Eine solche Kooperation würde dem Einsatz des Westens die Legitimität nehmen und nicht zur Befriedung in der Region beitragen, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag am Montag im Deutschlandfunk. Assad habe Hunderttausende Tote auf dem Gewissen, für ihn gebe es keine Zukunft in Syrien.

Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen habe auf eine Übergangsphase verwiesen, als sie von der Möglichkeit des Nutzens syrischer Truppen gesprochen habe. Nun müsse die Bekämpfung der IS-Miliz Priorität haben, sagte Röttgen. Dies wäre ein Strategiewechsel. Dafür brauche man auch die Beteiligung Russlands. Zugleich müsse man aber weiter an einer politischen Lösung für einen Übergang in Syrien und einen Machtwechsel arbeiten. Für einen möglichen Einsatz von Bodentruppen brachte er türkische und arabische Soldaten ins Spiel. Davon sei man aber noch weit entfernt.

Die Grünen machen ihre Zustimmung zum Syrien-Mandat von der umstrittenen Frage abhängig. "Assads Mörderbanden dürfen nicht die Bodentruppen für uns sein", sagte der Vorsitzende Cem Özdemir nach Angaben seiner Partei. Fraktionschef Anton Hofreiter sagte am Sonntag in der ZDF-Sendung "Berlin direkt": "Entscheidend für uns ist, dass der Kampf auch erfolgreich sein kann." Dafür brauche es zunächst eine Übergangsregierung nach Assad. "Wir sind sehr, sehr skeptisch."

Die Linke bleibt bei ihrer strikten Ablehnung des Einsatzes. "Die Teilnahme an diesem Krieg wäre zum jetzigen Zeitpunkt absolut völkerrechtswidrig", sagte Fraktionsvize Jan Korte.

(lsa/dpa)
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