SPD-Politiker wahrscheinlich in Dänemark Internationaler Haftbefehl gegen Sebastian Edathy?

Berlin · Der SPD-Politiker Sebastian Edathy hält sich wahrscheinlich in Dänemark auf. Er sei wegen Drohungen ins Ausland geflohen, sagt der 44-Jährige. Im Internet veröffentlicht er Berichte, die ihn verteidigen. Unterdessen verlangen Experten die Prüfung eines internationalen Haftbefehls.

Das ist Sebastian Edathy
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Foto: dpa

Sebastian Edathy hat einen Link geteilt. Auf seiner Facebook-Seite empfahl der SPD-Politiker gestern Nachmittag einen Artikel aus der "Süddeutschen Zeitung". "Strafrecht ist kein Moralrecht", lautet die Überschrift. "Geht es bei Fall Sebastian Edathy um die Verfolgung eines strafrechtlich Unschuldigen?", fragt der Autor des Artikels. Die Aktivität im Internet gehört zu den spärlichen öffentlichen Lebenszeichen des ehemaligen SPD-Hoffnungsträgers.

Angeblich, so heißt es in seinem ehemaligen Umfeld, soll sich der Innen-Experte im benachbarten Dänemark aufhalten. Dorthin soll er mit seinem Wohnmobil gereist sein, um den TV-Teams zu entkommen. Er selbst sagt, dass er wegen Drohungen ins Ausland geflüchtet sei. Ein Bild aus dem vergangenen Jahr zeigt Edathy als Naturfreund. Auf dem Foto kniet der Politiker auf einem Feldweg und umarmt seinen Jagdhund Felix. Auch die Familie des Politikers ist über den aktuellen Aufenthaltsort des 44-Jährigen offenbar nicht informiert.

Edathy schottet sich ab — nur per E-Mail nimmt der studierte Soziologe Kontakt mit den Medien auf. Im Nachrichtenmagazin der "Der Spiegel" und in der "Süddeutschen" bestreitet er die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Das "Material", das er gekauft habe, halte er für "eindeutig legal", erklärte der SPD-Politiker. Auch den Verdacht, er habe vor der Razzia einen Tipp bekommen und Beweismaterial vernichtet, weist er zurück. "Ich halte es für irritierend, aus der Tatsache, dass die Maßnahmen der Staatsanwaltschaft offenkundig nicht dazu geführt haben, mich rechtlich zu belasten, die Schlussfolgerung zu ziehen, ich hätte belastendes Material vernichtet", betont Edathy. So werde die Unschuldsvermutung ad absurdum geführt. Er sei es "langsam satt, Unterstellungen begegnen zu müssen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Edathy kündigte eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Staatsanwaltschaft Hannover an.

Die Mitwisser im Fall Edathy
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Die Ermittlungsbehörde soll Hinweise auf zerstörte Festplatten und auf Computer gefunden haben, die möglicherweise vor der Durchsuchung weggeschafft wurden. Darauf sollen angeblich verdächtige Staubspuren in der Wohnung hinweisen. Die Ermittler versuchen nun, die sichergestellten Fundstücke auszuwerten. "Es besteht immer die Chance, gelöschte Daten ganz oder zumindest in Teilen wiederherzustellen", sagt Wilfried Albishausen, Vorsitzender des Bund Deutscher Kriminalbeamter in NRW. Sollten die Ermittlungen den Verdacht auf ein strafbares Verhalten erhärten, dürfe sich Edathy nicht länger dem Verfahren entziehen. "Wenn es verhältnismäßig erscheint, muss die Ausstellung eines internationalen Haftbefehls geprüft werden", sagte Albishausen.

Nach bisherigen Erkenntnissen hatte der SPD-Politiker zwischen Oktober 2005 und Juni 2010 mehr als 30 Bildersets und Videos mit nackten Jungen im Alter zwischen neun und 13 oder 14 Jahren erworben. Laut Staatsanwaltschaft spielen die Kinder auf den Aufnahmen in vermeintlich natürlichen Lebensposen. Dabei stehe aber alles "im Bezug zu den Genitalien", erklärte Jörg Fröhlich, Chef der Staatsanwaltschaft in Hannover. Die kanadischen Behörden stießen im Rahmen ihrer "Operation Spade" gegen einen Kinderporno-Ring auf den Namen des deutschen Politikers.

Laut "Spiegel" will Edathy schon seit Längerem unter "Erschöpfungssymptomen" gelitten haben. Nachdem nicht mehr auszuschließen gewesen sei, dass im Rahmen der Ermittlungen "ungerechtfertigte Maßnahmen" gegen ihn eingeleitet werden würden, habe er sein Bundestagsmandat niedergelegt, erklärte Edathy.

Noch am 8. November 2013 soll der Innen-Experte "Karrierewünsche" an SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann vorgetragen haben. Diese habe er bei späteren Terminen nicht wiederholt, heißt es. Edathy ahnte wohl, dass der gegen ihn erhobene Verdacht ein politisches Erdbeben auslösen würde.

(csi)
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