Streit um Integrationsgesetz Wer Deutsch spricht, gehört dazu

Meinung | Düsseldorf · Die Ansichten über das geplante Integrationsgesetz gehen weit auseinander: Opposition und Flüchtlingsverbände sprechen von Ausgrenzung, die Bundesregierung verteidigt die Neuregelungen dagegen als wichtigen Schritt bei der Eingliederung der Flüchtlinge in Deutschland. Unser Kommentator meint, dass Asyl und Immigration unterschiedlich behandelt werden müssen.

Die Eckpunkte des Integrationsgesetzes
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Foto: dpa, jst tba

In Deutschland darf dauerhaft nur bleiben, wer Deutsch spricht, steht im Entwurf zum Integrationsgesetz. Das ist gut so. Es ist aber auch ein Appell an die Deutschen, ihre Einstellung zu verändern.

Dies alles kann nur der erste Schritt sein. Wenn die Debatte über das Integrationsgesetz, die am Freitag auch im Bundestag begonnen hat, zum Einstieg in eine ernsthafte Debatte über ein Einwanderungsgesetz wird, dann ist das nur folgerichtig. Deutschland muss sich endlich darüber klarwerden, dass Asyl und Immigration zwei Paar Schuhe sind — Asyl eine ist eine humanitäre Verpflichtung, eine Reaktion auf die Übel in der Welt, und kann deshalb keine starre Obergrenze kennen. Immigration dagegen muss kühl und interessengeleitet geregelt werden, Stichwort: Fachkräftemangel.

Gelungene Integration ist die Grundlage für ein gedeihliches Zusammenleben sowohl mit Immigranten, die hier eine berufliche Perspektive suchen, als auch mit Asylbewerbern, die häufig ebenfalls ein neues Leben in Deutschland beginnen wollen. Grundlage für gelungene Integration wiederum, und da ist der Gesetzentwurf erfreulich klar, ist es, Deutsch zu sprechen. Dauerhaft in Deutschland bleiben darf demnach nur, wer Deutsch spricht. Schon zuvor kann der Staat es Asylbewerbern künftig verbieten, in eine bestimmte Stadt zu ziehen, "insbesondere wenn zu erwarten ist, dass der Ausländer Deutsch dort nicht als wesentliche Verkehrssprache nutzen wird".

Beides ist gut so. Deutsch zu sprechen, ist zwar nicht das hinreichende (Ausländer müssen zum Beispiel auch ihren Lebensunterhalt bestreiten können), aber ein notwendiges Kriterium, um auf Dauer bleiben zu dürfen. Ohne Deutsch geht es nicht. Wer nicht Deutsch sprechen will, darf nicht mehr erwarten, in der Bundesrepublik langfristig willkommen zu sein.

Der Umkehrschluss daraus ist allerdings ein Appell an die, die hier im Lande leben: Als Teil der deutschen Bevölkerung hat in Zukunft zu gelten, wer Deutsch spricht. Natürlich hat er auch mit seiner Lebensweise die Gesetze zu achten, insbesondere das Grundgesetz, dessen erste 20 Artikel die Essenz unseres Selbstverständnisses sind. Das aber ist, bei Lichte betrachtet, eine schiere Selbstverständlichkeit — ohne Gesetzestreue zerbricht jedes Gemeinwesen; mit guten Gründen setzt sie der Staat über sein Gewaltmonopol durch, bei Ausländern wie bei Deutschen.

Das ist, so schwierig es im konkreten Fall sein mag, bloß eine Frage des Vollzugs. Die Frage der Sprache ist eine Richtungsentscheidung. Der Grundsatz "Man spricht Deutsch" ist geeignet, die leidigen Debatten über Leitkultur zu einem guten Ende zu bringen. Integration bemisst sich nicht daran, ob man drei deutsche Mittelgebirge herunterbeten kann oder ob man bereit ist, ein Schweineschnitzel zu essen. Auch nicht daran, ob man sagen kann, was in Artikel 4 Grundgesetz geregelt ist.

Integration bewährt sich in der Praxis: der alltäglichen Anerkennung der Grundsätze unserer Gemeinschaft. Dazu gehört es einerseits, sozusagen mit offenem Visier zu leben, erkennbar zu sein, also auch Deutsch zu reden, und andererseits den Mitbürgern ihre Freiheiten zu lassen, zum Beispiel in der Religionsausübung, auch wenn sie mit Ritualen verbunden ist, die uns befremden — solange all das nicht mit anderen Grundwerten kollidiert. (Artikel 4 dreht sich um eben diese Religionsfreiheit und die "ungestörte Religionsausübung".)

Das gilt für den Syrer in Sonsbeck und den Marokkaner in Meerbusch. Es gilt aber auch für den Deutschen in Düsseldorf. Wer Muslimen ihre Minarette verbieten will, wie es die AfD fordert, hat von Integration genauso wenig verstanden wie der Salafist, der seine Frau unter der Burka einsperrt.

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