Nach erneutem Besuchsverbot Bundesregierung erwägt Bundeswehr-Abzug aus Incirlik

Berlin · Nach dem neuen Besuchsverbot für Abgeordnete auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik erwägt die Bundesregierung einen Abzug der dort stationierten deutschen Soldaten.

 Ein Tornado der Luftwaffe startet in Incirlik zu einem Einsatz.

Ein Tornado der Luftwaffe startet in Incirlik zu einem Einsatz.

Foto: dpa, htf vge

Für die Bundesregierung sei es "absolut inakzeptabel", dass Parlamentarier die Bundeswehrtruppe nicht besuchen könnten, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, am Montag in Berlin. "In dieser Lage müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie es weiter geht."

Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das erneute türkische Verbot kritisiert. "Das ist misslich", sagte Merkel am Montag nach Gremiensitzungen ihrer Partei in Berlin über die Entscheidung der türkischen Regierung. Dies sei Ankara auf verschiedenen Kanälen klar gemacht worden. Die Gespräche mit der türkischen Regierung würden fortgesetzt, parallel werde die Bundesregierung aber weiter nach Alternativen für Incirlik suchen. Als Favorit gilt Jordanien. Nach offiziellen Angaben würde eine Verlegung aber Monate dauern.

Alle bewaffneten Auslandseinsätze der Bundesregierung müssen vom Bundestag beschlossen werden. Deswegen halten Bundesregierung und Parlament das Besuchsrecht für Abgeordnete bei den Soldaten für unerlässlich.

Außenminister Sigmar Gabriel will sich nach Schäfers Angaben während seiner ab Mittwoch geplanten USA-Reise für eine Deeskalation des Streits einsetzen. Im Rahmen des Besuchs sind auch Gespräche der Anti-IS-Koalition geplant.

Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Verteidigung, Wolfgang Hellmich, hat den Abzug der Bundeswehr von der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik gefordert. Die Türkei hatte Bundestagsabgeordneten erneut den Besuch des Stützpunktes verweigert.

Der SPD-Politiker reagierte mit seiner Forderung am Montag auf ein neues Besuchsverbot der türkischen Regierung für Bundestagsabgeordnete bei den auf dem Stützpunkt stationierten deutschen Soldaten. "Wir lassen uns nicht erpressen", sagte Hellmich der Deutschen Presse-Agentur.

Das Besuchsrecht der Abgeordneten bei den Soldaten müsse jederzeit gewährleistet sein. "Deswegen ist die Einleitung eines Abzuges und Verlegung an den bestmöglichen Standort absolut richtig. Das muss jetzt geschehen." Zuvor hatte die Türkei den Obleuten des Verteidigungsausschusses den für Dienstag geplanten Besuch in Incirlik untersagt.

Der CDU-Obmann Henning Otte äußerte sich etwas vorsichtiger: "Vor dem Hintergrund der fortgesetzten politischen Hindernisse, die mit der Stationierung in Incirlik verbunden sind, bitte ich die Verteidigungsministerin, mit höherer Dringlichkeit alternative Stationierungsorte in Betracht zu ziehen. Hier ist vorrangig Jordanien in Erwägung zu ziehen", sagte er der dpa. Auch Otte betonte: "Wir lassen uns von der Türkei nicht erpressen."

Die Linke forderte ebenfalls den Abzug aus Incirlik. Das wäre ein erster Schritt hin zu einer anderen Politik gegenüber der Türkei, sagte Obmann Alexander Neu der dpa. Bisher habe sich die Bundesregierung erpressbar gemacht. "Das würdelose Agieren der Bundesregierung ist der Preis für die geopolitisch geprägte deutsche Machtpolitik."

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort