Mit 83,73 Prozent zum CSU-Chef gewählt Horst Seehofers Kampf mit den Tränen

Nach jahrelanger harter Rivalität zwischen den Hauptakteuren hat sich die CSU für eine Doppelspitze entschieden - aus Markus Söder als künftigem Regierungs- und Horst Seehofer als Parteichef. Mit guten 83,73 Prozent wurde er wiedergewählt.

 CSU-Chef Horst Seehofer beim Parteitag in Nürnberg.

CSU-Chef Horst Seehofer beim Parteitag in Nürnberg.

Foto: afp

Eine Stunde redet der scheidende Ministerpräsident über seine Partei, vor allem über sein geliebtes Bayern. Dann kommt er zu einem Satz, den er sagt, als sei es sein Vermächtnis: "Es ist ein Glück, in Bayern zu leben, und wenn wir zusammenhalten, zieht uns niemand die Lederhose aus." Da wirkt er schon emotional stark angefasst. Es ist seine letzte Parteitagsrede als Regierungschef. Im nächsten Frühjahr will er demjenigen weichen, den er als Nachfolger so lange verhindern wollte: Markus Söder.

Der meldet sich, als Tagungsleiter Joachim Herrmann wissen will, ob es Vorschläge für die Wahl des Parteivorsitzenden gibt. Söder holt weit aus. Er erwähnt "unruhige Zeiten" für die Union und für viele Menschen in Deutschland. Und nach dem Signal einer einigen Union beim auf Harmonie gebürsteten Auftritt von CDU-Chefin Angela Merkel am Vortag gehe es nun darum, das Signal zu setzen, die CSU "stark, stabil und geschlossen" aufzustellen.

Er zollt Seehofer dreifachen Respekt für seine Arbeit für die CSU, das Land und die Durchsetzungskraft in Berlin. Und miniaturisiert die beinharten Konflikte mit Seehofer ebenso wie dieser es in seiner Rede getan hat. "Geprüft" habe Seehofer ihn manchmal.

Dann kommt es dicke: Zweifach seien er und Seehofer verbunden, in der "Liebe" zu dieser Partei und in der Verantwortung für dieses Land. Da schließt Seehofer ergriffen die Augen. So als wolle er diesen Augenblick in sich aufsaugen. Und als Söder abschließend dazu aufruft, dass "die Stärksten an einem Strang" ziehen müssten und Seehofer eine große Unterstützung brauche, da kämpft der Parteichef sekundenlang mit den Tränen.

Auch Seehofer hat zuvor Söder gelobt, als habe es die Schlammschlachten, die Vorwürfe von "Schmutzeleien", nie gegeben. "Wir haben viele, viele Probleme zusammen gelöst, und es war immer eine gute Zusammenarbeit", stellt der scheidende Ministerpräsident fest. Und noch deutlicher: "Markus Söder hat in allen seinen Ämtern eine vorzügliche, bravouröse, fehlerfreie Arbeit abgeliefert."

Ganz offensichtlich hat der Landtagswahlkampf mit dieser Rede begonnen: "Er kann es, er packt es, das ist Markus Söder", lautet die neue Botschaft. Sie ist so ungefähr das genaue Gegenteil dessen, was in Seehofers Umfeld bis vor ein paar Wochen über Söder gedacht und gemunkelt wurde.

Auf Geschlossenheit getrimmt

Von 793 gültigen Stimmen entfallen 664 auf Seehofer. 17 Stimmen sind ungültig, da haben Delegierte unter anderem die Namen von Markus Söder, Manfred Weber und Ilse Aigner aufgeschrieben. Sie kandidieren indes nicht. Noch nicht - ein Hinweis auf neue Debatten, die nach der Landtagswahl zu erwarten sind.

Doch zehn Monate vor der Landtagswahl ist die CSU derart auf Geschlossenheit getrimmt, dass sie selbst eine drohende Kampfabstimmung um die Riege der stellvertretenden Parteivorsitzenden vermeidet. Mit Dorothee Bär, Kurt Gribl, Melanie Huml, Angelika Niebler, Manfred Weber und Christian Schmidt gab es sechs Interessenten für fünf Posten. Der derzeitige geschäftsführende Agrar- und Verkehrsminister Schmidt wurde überzeugt, seine Kandidatur zurückzuziehen. Er fügte sich.

(may-)
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