Energie Horst Seehofer lässt Ökostrom-Einigung platzen

Berlin · Bayern will noch Verbesserungen für Biomasse-Anlagen durchsetzen. Alle übrigen Länder und der Bund sind sich hingegen einig über die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Ab 2017 soll der jährliche Windkraft-Ausbau halbiert werden.

Horst Seehofer – Merkels mächtiger Gegenspieler im Foto-Porträt
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Horst Seehofer - Merkels mächtiger Gegenspieler

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Foto: dpa/Sven Hoppe

Einer verließ die Runde der Ministerpräsidenten bei der Kanzlerin vorzeitig. CSU-Chef Horst Seehofer ließ die Bund-Länder-Einigung über die nächste Reform der Ökostrom-Förderung platzen, die nach Angaben aller übrigen Teilnehmer nach sechsstündigen Verhandlungen in der Nacht zum Mittwoch schon greifbar nahe war. Die Bundesregierung muss nun deshalb im Nachgang noch eine Spezialeinigung mit Bayern finden, damit sie ihren Zeitplan einhält und das Kabinett das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) am kommenden Mittwoch auf den Weg bringen kann. Seehofer will noch eine bessere Förderung von Biomasse-Anlagen durchsetzen, die in Bayern eine Rolle spielen, im Rest der Republik weniger. Über alle anderen Punkte wurden sich Bund und Länder einig.

Ausschreibungen Für neue Windkraft-, Solar- oder Biomasse-Anlagen soll es ab 2017 keine festen Vergütungssätze mehr geben, die bisher 20 Jahre lang garantiert wurden. Ökostrom-Mengen werden künftig vom Staat bundesweit ausgeschrieben. Der günstigste Anbieter erhält den Zuschlag. Dadurch wird der Wettbewerb unter Ökostrom-Anbietern intensiver. Teilnehmer der Sitzung zeigten sich überrascht, dass niemand mehr, auch nicht die Grünen, gegen diesen grundsätzlichen Systemwechsel protestierte. Für alle bis Ende 2016 genehmigten Anlagen gibt es die alte Vergütung.

Ziel bleibt es, den Anteil des Ökostroms am Stromverbrauch bis 2025 auf 40 bis 45 Prozent zu steigern. Das hatten Bund und Länder bereits 2014 gesetzlich festgelegt. Derzeit liegt der Anteil schon bei gut 30 Prozent. Die Grünen im Bund erklärten, durch die Neuregelungen werde die Energiewende abgewürgt. Sie sitzen allerdings in zehn Ländern, die gestern mit dabei waren, auf der Regierungsbank. Die Bundesregierung erwartet daher, dass die EEG-Reform ohne große Änderungen auch im Bundesrat gebilligt wird.

Windkraft an Land Umstritten war die Ausschreibungsmenge vor allem für Wind an Land: Viele nord- und mitteldeutsche Länder wollten deutlich mehr neue Windräder aufstellen als der Bund. Doch viele Windräder müssen heute schon abgeregelt werden, weil die Stromnetze überlastet sind und der Netzausbau zu langsam vorankommt. Man einigte sich daher auf einen Ausbau der Windkraft von nur noch 2800 Megawatt brutto pro Jahr, das ist etwa die Hälfte des Zubaus der vergangenen beiden Jahre. Dabei ist der Austausch alter durch neue Rotoren an bestehenden Windmasten eingerechnet. Die ersten Windräder nach dem Ausschreibungsmodell können erst 2019 stehen. Daher ging es auch darum, in der Übergangszeit 2017 und 2018 zu verhindern, dass es zu einem Vorzieheffekt kommt. Die Vergütungssätze werden deshalb zum 1. Juni 2017 einmalig um fünf Prozent gekürzt. Wirkt das noch nicht bremsend genug, kann es vierteljährlich zu weiteren Kürzungen von je 2,4 Prozent kommen.

Schon jetzt gibt es Regionen mit Netzengpässen. Dies gilt für Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Teile NRWs und Hessens. Sie will die Regierung als "Netzengpassgebiete" definieren. Anbieter, die ihre Windräder dort planen, haben je nach Netzkapazität bei Ausschreibungen möglicherweise das Nachsehen.

Wind auf See Hier bleibt es beim bisherigen Ausbauziel von 6500 Megawatt bis 2020 und 15.000 Megawatt bis 2030. Allerdings dürfte das Ziel 2020 um etwa 1200 Megawatt überschritten werden. Deshalb sollen 2021 bis 2030 in jährlich gleichen Schritten nur noch 730 Megawatt neu ausgeschrieben werden.

Solaranlagen Künftig werden 600 Megawatt pro Jahr neu ausgeschrieben, bisher waren es nur 400. Neben Freiflächen-Anlagen werden nun auch große Anlagen miteinbezogen. Kleine Solar-Dachanlagen bis ein Megawatt werden von den Ausschreibungen ausgenommen und erhalten weiter Vergütungen.

Biomasse Der Bund will die ausgeschriebene Menge auf 100 Megawatt pro Jahr begrenzen, weil Biomasse besonders teuer ist. Seehofer ist das zu wenig, er fordert 250 Megawatt. Doch das würde die Förderkosten um jährlich 500 Millionen Euro erhöhen, warnte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD).

(mar)
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