Altkanzler Helmut Kohl sieht Europäische Union in ihrer Existenz gefährdet

Düsseldorf · Altkanzler Helmut Kohl (CDU) sieht die EU durch politische Fehlentscheidungen, Kleinmut und Verantwortungslosigkeit in ihrer Existenz bedroht.

Viktor Orban: Umstrittener Besuch bei Helmut Kohl
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Orban zu Besuch bei Kohl

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Foto: dpa, axs

"Es ist erstaunlich und erschreckend, mit welch andauernder Krisendiktion, mit welchem Kleinmut und fehlender Weitsicht und mit welcher Geschichtsvergessenheit und der daraus folgenden Leichtfertigkeit wie Verantwortungslosigkeit seit Jahren über das Projekt Europa diskutiert wird", schreibt Kohl in einem Aufsatz für das Buch "Europa im Schicksalsjahr", der unserer Redaktion vorab vorliegt.

Europa werde kleingeredet und in seinen Grundfesten gefährdet. "Und das ist für uns nun wirklich existenziell bedrohlich", so Kohl. Nach 1998 seien die Grundsätze Europas und des Anspruchs der "Qualität vor Quantität", missachtet worden. Ende des 20. Jahrhunderts sei Europa bereits auf einem sehr guten Weg gewesen.

"Es hätte so weit nicht kommen müssen"

Kohls Amtszeit als Bundeskanzler endete 1998. In den Jahren der Wende hatte er parallel zur deutschen Wiedervereinigung die Wirtschafts- und Währungsunion sowie die Einführung des Euro vorangetrieben.

Die Folgen der aktuellen Europapolitik würden vor allem in der Flüchtlingsfrage sichtbar, so Kohl weiter. Der Kontinent habe zu lange weggesehen: "Es hätte so weit nicht kommen müssen, zumindest nicht in dieser gewaltigen Welle."

Neben Kohl kommen in dem von NRW-CDU-Chef Armin Laschet herausgegebenen Buch unter anderem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Martin Schulz zu Wort. Der Präsident des Europaparlaments (SPD) äußert sich ebenfalls besorgt über den Zustand Europas und fordert mehr Mut und Weitsicht. Merkel betont hingegen, dass Europapolitik immer wieder ein hohes Maß an Kompromissbereitschaft, Geduld und harte Arbeit erfordere.

(kib)
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