Grundsatzrede vor Wirtschaftsvertretern Der vage Herr Schulz

Meinung | Berlin · SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat vor hunderten Wirtschaftsvertretern in Berlin um Vertrauen in seine Politik geworben. Es war auf den ersten Blick eine Rede, die einem Kanzlerkandidaten der Mitte gut zu Gesicht stand. Auf die wichtigen Fragen ging er allerdings nur unzureichend ein.

Das ist Martin Schulz, SPD-Kanzlerkandidat 2017
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Das ist Martin Schulz

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Mit Spannung hat die Wirtschaft auf die ökonomische Grundsatzrede von Martin Schulz gewartet. Und auf den ersten Blick bietet er ihr ein attraktives Programm. Der Merkel-Herausforderer verspricht, auf unerfüllbare Steuern- und Sozialversprechen zu verzichten, lobt den Wert von Europa (was in Zeiten von Brexit und Le Pen durchaus wertvoll ist), beruft sich auf Ludwig Erhard und Gerhard Schröder.

Doch was die wirtschaftsfreundliche Rhetorik nicht verdecken kann: vom Wirtschaftswunder-Minister ist Schulz ebenso weit entfernt wie vom Agenda-Kanzler. Erhard und Schröder sagten dem übermächtigen Staat den Kampf und setzten auf die Befreiung der Wirtschaft. Sie muteten ihre Parteien einiges zu und bekamen dafür in ihren eigenen Reihen viel Ärger. Schulz dagegen bleibt bis heute im Ungefähren und will vor allem die eigene Partei bei Laune halten.

Und da, wo er konkret wird, setzt der SPD-Chef auf die Renaissance des Staates. Das fängt mit seinem Plan an, die Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld auf vier Jahre anzuheben, was eine neue Frühverrentungswelle auszulösen droht. Und setzt sich nun mit der Ankündigung einer Investitionsoffensive fort. Gegen mehr Geld für Schulen, Straßen, Breitband-Ausbau kann keiner etwas, haben. Doch Politik ist nicht "Wünsch dir was", sondern "Mach mal was". Und hier bleibt Schulz Antworten schuldig. Wie will er denn die milliardenschwere Investitionsoffensive finanzieren? Durch neue Schulden? Oder durch Steuererhöhungen? Und wenn er einem Abbau der deutschen Exportüberschüsse das Wort redet, meint er dann, dass es jetzt bei den Lohnverhandlungen Zeit ist für einen ganz "großen Schluck aus der Pulle" ? Dann soll er das klar sagen.

Alle wohl, keinem weh — Schulz hat eine Chance vertan, zu skizzieren, was er tatsächlich besser machen will in der Wirtschafts- und Sozialpolitik als Merkel. (Da gäbe es durchaus einiges.) Dass er ein Bündnis mit der Linkspartei ebenfalls nicht deutlich ausschließt, passt ins Bild des vagen Herrn Schulz. Angriff sieht anders aus.

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