Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg Grüne wollen Drogen im Coffeeshop selbst verkaufen

Berlin · "Dreck, Drogenhändler, Bettler" - so fasst ein Besucher des Görlitzer Parks in Berlin-Kreuzberg seinen Eindruck von der Grünfläche auf der Internetseite der Online-Community "Qype" zusammen. Zur Bekräftigung setzt er ein "Nein, danke" mit drei Ausrufezeichen dahinter.

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Foto: dpa, obe fpt hjb lre

Seit Marihuana und Haschisch in dem Park in großen Mengen angeboten werden, hat der Ort ein schlechtes Image. Doch eine Initiative der Grünen im zuständigen Bezirk will der Situation jetzt Herr werden: Die Grünen wollen einen Coffeeshop ins Leben rufen, um im Park selbst die Drogen zu verkaufen.

Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) passt der an die holländischen Coffeeshops angelehnte Name nicht. "Es geht nicht um ein lustiges Café, wo ich Marihuana und Dope kaufe", sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Sie nennt es lieber ein "Fachgeschäft", wie es diese auch für Bonbons und Herrenhemden gebe. Mit dessen Hilfe wolle sie den Handel mit Drogen im Park "einschränken".

170 Strafanzeigen bei 428 Personen

Die Polizei hat bisher vergeblich versucht, den massiven Umschlag vor allem von Marihuana und Haschisch zu unterbinden. Bis Ende Juli unternahm sie bereits rund 60 Sondereinsätze im Görlitzer Park, wie Polizeisprecher Thomas Neuendorf sagt. "Dabei wurden 428 Personen überprüft und 170 Strafanzeigen gestellt", erläutert er, rund 90 davon wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Neuendorf sieht eine Verschärfung des Problems gegenüber 2012, als es im ganzen Jahr insgesamt 75 Sondereinsätze mit rund 270 Strafanzeigen (etwa 190 wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz) gab. Er räumt ein, dass die Kontrollen zu einer Verschiebung des Handels an andere Orte führen könnten: "So lange es Konsumenten gibt, wird Handel stattfinden." Einen Coffeeshop lehne die Polizei aber ab. "Dann bricht ein weiterer Damm und eine Stufe kommt zur anderen."

Das sieht Herrmann anders: "Wenn wir die Händler und ihre Produkte in den Griff kriegen wollen, müssen wir den Verkauf unter Kontrolle kriegen." In dem geplanten Coffeeshop müssten die Kunden nachweisen, dass sie 18 Jahre oder älter sind. Medizinisch geschulte Mitarbeiter und Sozialarbeiter sollten außerdem einen Blick auf die Kunden werfen und ihnen bei Bedarf Unterstützung anbieten. So solle eine "Bagatellisierung des Verkaufs" vermieden werden.

Strafverfahren wird "in der Regel eingestellt"

In Deutschland sind Verkauf und Kauf von Cannabis und Haschisch verboten. Neuendorf weist darauf hin, dass entgegen der weit verbreiteten Annahme vieler Konsumenten grundsätzlich Strafverfahren eingeleitet werden, wenn die Polizei bei ihnen Drogen findet. "Es wird aber in der Regel eingestellt, wenn es sich um eine geringe Menge handelt, die für den Eigengebrauch bestimmt ist", sagt er.

Um einen Coffeeshop einrichten zu können, müsste der Bezirk beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn, das dem Gesundheitsministerium unterstellt ist, eine Ausnahmegenehmigung beantragen.

Nach den Chancen für eine solche befragt, antwortet das Institut indirekt. Es habe in den vergangenen acht Jahren rund 170 Personen eine Ausnahmegenehmigung erteilt - "im Rahmen einer medizinisch betreuten Selbsttherapie". Außerhalb eines gesundheitlichen oder wissenschaftlichen Anliegens gibt es keine Genehmigungen.

Vorhaben der Grünen "unrealistisch" und "unerwünscht"

Die Aussichten auf einen Coffeeshop sieht auch die Berliner Drogenbeauftragte Christine Köhler-Azara kritisch. Sie hält das Vorhaben der Grünen für "unrealistisch" und "unerwünscht", weil die Drogenpolitik auf Prävention und Hilfe setze, sagte sie AFP. Für einen Coffeeshop müsse das Betäubungsmittelgesetz geändert werden. Die Mehrheiten dafür sehe sie jedoch nicht.

Trotz dieser Aussichten will Bürgermeisterin Herrmann ihr Anliegen verfolgen. Um einen aussichtsreichen Antrag zu formulieren, will sie eine Expertenkommission zusammenrufen. Außerdem soll es längst nicht bei einem Coffeeshop in Friedrichshain-Kreuzberg bleiben. "Es soll mehrere geben - am besten in ganz Berlin", sagt sie.

(AFP)
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