100 Milliarden Euro bis 2021 Die teuren Pläne von Union und SPD

Berlin · Die Pläne der Koalition summieren sich weiterhin auf insgesamt bis zu 100 Milliarden Euro bis zum Jahr 2021. Experten schätzen bis dahin jedoch nur etwa 30 Milliarden Euro Überschuss. Problematisch könnten vor allem sogenannte "1b-Prioritäten" werden.

 Union und SPD hoffen auf größere Spielräume als Experten erwarten. (Archiv)

Union und SPD hoffen auf größere Spielräume als Experten erwarten. (Archiv)

Foto: Kay Nietfeld

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD enthält trotz mehrfacher Streichrunden weiterhin Ausgabenwünsche von insgesamt bis zu 100 Milliarden Euro bis 2021. Darauf verwiesen Haushaltsexperten der Koalition gestern im Laufe des Tages.

Problematisch daran ist vor allem, dass die Koalitionäre in spe zusätzlich zu den bereits definierten "prioritären Maßnahmen", die auf jeden Fall finanziert werden sollen und für die ein Spielraum von 46 Milliarden Euro errechnet wurde, weitere Lieblingsprojekte ausverhandelt haben, die sie ebenfalls unbedingt umsetzen wollen.

Dazu gehören etwa die Anhebung der Arzthonorare für gesetzlich Krankenversicherte, die Finanzierung der Erhöhung der Mütterrenten aus Steuermitteln sowie zusätzliche Ausgaben für Verteidigung, humanitäre Hilfen und Digitalisierung. Allein die Anhebung der Arzthonorare dürfte pro Jahr drei bis fünf Milliarden Euro mehr verschlingen, die Erhöhung der Mütterrenten fast vier Milliarden. In Koalitionskreisen sprechen sie bei diesen Projekten mittlerweile von "1b-Prioritäten".

Für diese zusätzlichen Projekte ist nach heutigen Prognosen jedoch kein Geld da. Ohnehin liegt der definierte Spielraum der Groko von 46 Milliarden Euro in den Jahren 2018 bis 2021 bereits deutlich über dem Ergebnis der jüngsten Steuerschätzung.

Im November hatten die Experten die Überschüsse des Bundes bis 2021 mit nur insgesamt etwa 30 Milliarden Euro beziffert. Die Bundesregierung erwartet nun aber ein noch höheres Wachstum als im November. Union und SPD hoffen deshalb auf einen noch größeren Spielraum als den festgelegten von 46 Milliarden Euro für Mehrausgaben.

Die Bundeskanzlerin selbst hatte damit vergangene Woche begonnen: In der Unionsfraktion hatte sie erklärt, sollten sich weitere Spielräume ergeben, sollten diese für Verteidigung, Entwicklungshilfe und Digitalisierung ausgegeben werden. In der Union gibt es erhebliche Kritik daran, dass für neue Verteidigungsprojekte und für die Bekämpfung der Fluchtursachen zusammen nur zwei Milliarden Euro zusätzlich bis 2021 ausgegeben werden sollen.

Um bei den Verteidigungsausgaben den prozentualen Anteil am wachsenden Bruttoinlandsprodukt bis 2021 halten zu können, seien jährlich allein dafür zusätzlich zur Finanzplanung 1,5 Milliarden Euro nötig, hieß in Unionskreisen. Mehr Geld für humanitäre Hilfen verlangt auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU).

Damit die Einnahmenbasis solide bleibt, pochte vor allem die SPD in den Verhandlungen darauf, den Umfang der Steuerentlastungen so gering wie möglich zu halten. Die geplante Abschaffung der Luftverkehrssteuer, die pro Jahr etwa eine Milliarde Euro einbringt, wurde aus dem Koalitionsvertrag wieder gestrichen, wie aus Verhandlerkreisen verlautete.

Zudem wollen die Koalitionäre die pauschale Abgeltungsteuer von 25 Prozent auf Zinserträge abschaffen und durch eine Individualbesteuerung ersetzen. Dadurch steigt der Steuersatz auf Zinserträge bei Besserverdienenden auf bis zu 45 Prozent.

Bisher hatte es im Entwurf des Vertrages geheißen, die Steuer werde "mit der Etablierung eines funktionierenden automatischen Informationsaustauschs" zwischen in- und ausländischen Finanzbehörden über die Höhe von Kapitalerträgen abgeschafft. Jetzt wurde das Wort "funktionierenden" gestrichen, so dass mit einem schnelleren Ende der Abgeltungsteuer zu rechnen ist.

Den Soli will die Groko in einem ersten Schritt erst 2021 für 90 Prozent der Soli-Zahler streichen. Da er für die reicheren zehn Prozent erhalten bleibt, rechnen Koalitionspolitiker mit verfassungsrechtlichen Problemen. Allerdings dürfte eine Klage vor dem Verfassungsgericht mit dem Verweis auf den Gleichheitsgrundsatz in der Verfassung erst nach einigen Jahren erfolgreich sein.

Union und SPD stritten bis zuletzt auch noch über die Reform der Grundsteuer, die ebenfalls aus verfassungsrechtlichen Grünen nötig werden wird. Die SPD will die Reform bundesrechtlich und damit bundeseinheitlich organisieren.

Unionsgeführte Länder wie Bayern und Nordrhein-Westfalen wollen es dagegen den Ländern überlassen, wie sie die Grundsteuer künftig gestalten. Die Länder befürchten, die Steuer könnte in besonders guten Immobilienlagen zu sehr steigen — und damit Eigentümer, aber auch Mieter zu stark belasten.

(mar)
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