Griechenland-Krise Für Athens Rettung zahlt auch die Koalition einen hohen Preis

Meinung | Berlin · Der Grexit ist zunächst abgewendet, die Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket werden kommen. Doch der europäische Kraftakt für den Verbleib Griechenlands im Euro hat in Deutschland zwei politische Verlierer: SPD-Chef Sigmar Gabriel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Griechenland: Für die Rettung Athens zahlt auch die GroKo einen hohen Preis
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Der Preis für die Rettung der Griechen ist nicht nur in Euro zu beziffern. Deutschland zahlt auch einen politischen Preis: Die Deutschen stehen wieder als Zuchtmeister Europas da. Zudem gibt es Ärger in der großen Koalition. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte sich in der dramatischen Endphase der Verhandlungen dazu entschlossen, die Folterinstrumente auf den Tisch zu legen: den Plan für einen zeitweisen Ausstieg der Griechen aus dem Euro.

Damit ließ er Europa in einen Abgrund blicken, den sich bis dahin offenbar noch niemand so klar vor Augen geführt hat. Schäubles Schock-Therapie wirkte und half entscheidend dabei, dass sich Griechenland mit der Euro-Gruppe auf das Reformpaket einigte. Schäuble, der schon während des Referendums in Griechenland als Blutsauger plakatiert war, ist damit auf die Rolle des Buhmanns festgeschrieben.

Die unterschiedlichen Reaktionen in Deutschland auf Schäuble wiederum zeigen, wie weit auch Union und SPD in der Frage des Umgangs mit den Griechen auseinander liegen. Während der Finanzminister von der Union als "Held" gefeiert wird, klingt die SPD gegenüber Schäuble eher wie die Opposition. Sie werfen ihm vor, dass er den Bundestag nicht vorab über seine Grexit-Pläne informiert habe.

Wobei man, wie häufiger in der letzten Zeit, zwischen der SPD und ihrem Vorsitzenden Sigmar Gabriel unterscheiden muss. Gabriel kannte die Pläne und ließ Schäuble machen, was ihm wiederum nun seine SPD zum Vorwurf macht. Die Griechenland-Verhandlungen haben die Kluft zwischen Gabriel und seiner Partei vertieft. So geht auch der SPD-Chef angeschlagen aus dem vorläufigen Schlusskat des Dramas hervor.

Die Kanzlerin sah am Tag nach der 17-stündigen Verhandlung zwar angeschlagen aus, politisch ist sie es aber nicht. Selbstverständlich steht auch sie bei jenen in der Kritik, die sich einen milderen Umgang mit den Griechen gewünscht hätten. Als Ventile für scharfe Kritik müssen aber Schäuble und Gabriel herhalten. Merkel hatte bei den Verhandlungen ihre Unionsfraktion fest vor Augen: Nach der letzten Verlängerung der Hilfen für Griechenland im Bundestag hatte knapp die Hälfte der Abgeordneten erklärt, sie werde weiteren Hilfen nicht zustimmen.

Zwar bekäme Merkel mit Hilfe der SPD immer eine Mehrheit im Bundestag für weitere Griechenland-Hilfen zustande, doch wenn ihr die eigene Truppe nicht mehr folgt, wäre dies für sie ein Desaster. Für die nun anstehenden weiteren Abstimmungen musste Merkel daher ihren Finanzminister mit den Grexit-Plänen voranschicken. Jetzt glaubt auch die Unionsfraktion wieder, dass die Griechen weitere Kredite nicht ohne Gegenleistung bekommen.

(qua)
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