Interview mit TK-Chef Baas "Gesundheitskarte für Flüchtlinge"

Berlin · Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, spricht im Interview mit unserer Redaktion über die Versorgung der Asylbewerber.

 Der Mediziner Jens Baas führt seit 2012 die Techniker Krankenkasse.

Der Mediziner Jens Baas führt seit 2012 die Techniker Krankenkasse.

Foto: dpa

Die Kommunen fordern eine Gesundheitskarte für Flüchtlinge. Können die Kassen das umsetzen?

Baas Grundsätzlich ist das machbar und ich halte es auch für eine Aufgabe der Krankenkassen. Es geht um den Kreis der Neuankömmlinge, die bis zu 15 Monate im Land sind. Es müssen dafür aber einige Voraussetzungen erfüllt werden.

Die sind?

Baas Wir benötigen den klaren Hinweis auf der Gesundheitskarte, dass dem Asylbewerber zunächst nur ein eingeschränkter Leistungskatalog zur Verfügung steht. Zahnersatz und Psychotherapie gehören laut Gesetz beispielsweise nicht dazu. Das muss das Sozialamt gesondert genehmigen. Zudem muss ein System gefunden werden, nach dem die Asylbewerber quotiert nach Größe der Krankenkassen verteilt werden. Die Krankenkassen brauchen auch klare Regeln, nach denen sie mit den Kommunen die Leistungen abrechnen können. Es geht dann nicht mehr, dass jede Kommune ihr eigenes System hat.

Reichen die Versorgungskapazitäten angesichts der vielen Flüchtlinge?

Baas Grundsätzlich reichen die Kapazitäten aus. Die Frage ist, ob an allen Orten zu jeder Zeit ausreichend Kapazitäten vorhanden sind. Dort, wo es die großen Erstaufnahmeeinrichtungen gibt, kann es schon zu Engpässen kommen. Man muss ohnehin mehr darauf achten, die Ärzte im Land besser zu verteilen, dass sie sich nicht dort niederlassen, wo sie am besten verdienen, sondern dort, wo sie am meisten gebraucht werden.

Gibt es Kommunen, wo die Versorgung wegen der Flüchtlinge stockt?

Baas Nein, es gab keine Beschwerden von Versicherten, dass sie keine Termine beim Arzt bekämen, weil der Andrang von Asylbewerbern zu groß wäre.

Die Krankenhausreform sieht vor, dass Patienten künftig nur noch für das behandelt werden, woran sie wirklich leiden. Wird das klappen?

Baas Leider nein. Wir haben in Deutschland einfach zu viele Krankenhäuser. Deshalb ist prinzipiell die Idee nicht schlecht, über einen Fonds den Umbau der Krankenhauslandschaft zu finanzieren. In der Realität werden die Krankenhäuser aber mit diesem Geld von Investitionen bis zur Digitalisierung alles finanzieren — nur keinen Bettenabbau.

Wie würden Sie den Umbau der Krankenhauslandschaft organisieren?

Baas Die Zahl der Kliniken können wir nur reduzieren, wenn per Anweisungen Krankenhäuser geschlossen werden. Das könnten die Landesregierungen übernehmen. Ein Landrat, der politisch überleben will, kann das nicht machen. Noch sinnvoller wäre es aus meiner Sicht, wenn die Krankenkassen die Kliniken komplett finanzieren und dann auch essenziell bei der Krankenhausplanung mitreden würden.

Eva Quadbeck führte das Interview.

(qua)
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