Wirtschaftsweiser warnt vor Kreditklemme Geplante Bankenabgabe in der Kritik

Berlin (RPO). Die Regierung plant zur Bewältigung künftiger Wirtschafts- und Finanzkrisen eine Sonderabgabe für Banken. Die Bankenabgabe ist bei Wirtschaftsexperten und Opposition allerdings auf heftige Kritik gestoßen. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger warnte am Dienstag vor einer Kreditklemme. Die SPD bezeichnete den Plan als "eine zu Wahlkampfzwecken geschnürte gefährliche Mogelpackung".

 Peter Bofinger ist Mitglied im Sachverständigenrat der Regierung.

Peter Bofinger ist Mitglied im Sachverständigenrat der Regierung.

Foto: AP, AP

Bofinger sagte der "Passauer Neuen Presse", es komme entscheidend auf die Höhe der Bankenabgabe an: "Mehr als 0,1 Prozent der Bilanzsumme hielte ich für kontraproduktiv." In der augenblicklichen Situation sei es "das Wichtigste, dass die Kreditinstitute mehr Eigenkapital aufbauen". Die Banken benötigten "aufgestockte Eigenkapitalreserven als Risikopuffer".

Wenn man ihnen aber mit der Bankenabgabe "in dieser Situation eine Substanzbesteuerung auferlegt, fehlt ihnen das Eigenkapital, um Kredite zu vergeben", erklärte das Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Bei höheren Abgaben für riskante Geschäftsmodelle "könnte der Effekt leider umgekehrt sein".

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, sagte, wer die Banken wirklich zur Verantwortung ziehen wolle, müsste dafür sorgen, dass sie auch für die schon entstandenen Krisenkosten herangezogen würden, nicht erst für die Zukunft. Zudem müssten "die aberwitzigen Bonuszahlungen endlich gestoppt werden".

Der finanzpolitische Experte der Linken, Michael Schlecht, bezeichnete die geplante Bankenabgabe als Placebo. Die Bundesregierung plane rechtzeitig zur Wahl in Nordrhein-Westfalen eine billige Kopie der US-Bankenabgabe. Sie wolle gar nicht wie US-Präsident Barack Obama jeden Cent eintreiben, den Zocker der Bevölkerung schuldeten. Banken sollten sich nur gegen zukünftige Krisen versichern.

Brüderle warnt vor zu hoher Bankenabgabe

Brüderle zufolge soll bezüglich der Risiken bestimmter Geschäfte eine Art "Versicherungsprämie" erhoben werden, die dann einem Fonds zugeführt werden solle. Mit Blick auf die Sparkassen und Genossenschaftsbanken regte er an, als Bemessungsgrundlage für die Abgabe die Bilanzsumme um die bestehenden Einlagen zu kürzen. Diese seien bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken traditionell wesentlich höher.

FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger betonte, dass mit der Abgabe "diejenigen, die an dieser Krise Verantwortung tragen, auch selber zur Bewältigung der Krise herangezogen werden sollen". Darüber hinaus sollten die Kontrolle der Finanzmärkte unter dem Dach der Bundesbank zusammengefasst und Manager künftig für Schadensersatzleistungen herangezogen werden können. Das Gesamtpaket sollte am Dienstag den Koalitionsfraktionen vorgestellt werden.

DIW gegen Abgabe

Kritik an den Plänen kam auch vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. "Eine allgemeine Bankenabgabe ist ökonomisch kaum vertretbar, da sie die besseren Banken bestraft und den Sektor insgesamt diskriminiert", sagte DIW-Chef Klaus Zimmermann "Handelsblatt Online".

Der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Leo Dautzenberg, sagte im WDR, man müsse die Bankenabgabe im Zusammenhang sehen mit einer effektiveren Finanz- und Bankenaufsicht. Die Regierung wolle auch die Grundlage für die europäische Ebene schaffen und von daher gelte es, "auch Frankreich als großen Partner für eine solche Linie zu bekommen".

Gröhe dämpft Hoffnung auf rasche Steuerentlastung

Derweil dämpfte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe Hoffnungen auf eine rasche und umfassende Steuerentlastung der Bürger. Entlastungen seien nur so weit zu verantworten, wie sie mit dem zweiten wichtigen Thema Schuldenabbau vereinbar seine, sagte er im rbb-Inforadio.

Angesichts der Rekordschulden erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Steffen Kampeter (CDU), er gehe davon aus, dass auch das Sozialressort von den notwendigen jährlichen Einsparungen im Bundeshaushalt in Höhe von zehn Milliarden Euro ab 2011 nicht verschont bleibe. Kampeter sagte dem Fernsehsender N24: "Ich gehe davon aus, dass in allen Ressorts sowohl die Ausgaben als auch die Finanzleistung insgesamt auf den Prüfstand gehören."

(apd/felt)
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