Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung So fremdenfeindlich ist Deutschland

Berlin · Arbeitslose sind faul, Sinti und Roma kriminell und Muslime machen die Deutschen zu Fremden im eigenen Land — eine Studie zeigt, welche Vorurteile die Menschen hierzulande haben. Das Ergebnis ist erschreckend.

 Männer protestieren mit Deutschland-Flagge und Transparenten gegen die geplante Aufstellung von Wohncontainern für Flüchtlinge im Berliner Stadtteil Marzahn-Hellersdorf.

Männer protestieren mit Deutschland-Flagge und Transparenten gegen die geplante Aufstellung von Wohncontainern für Flüchtlinge im Berliner Stadtteil Marzahn-Hellersdorf.

Foto: dpa, bvj fdt

Dies geht aus einer Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung hervor, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld untersucht für die Stiftung alle zwei Jahre, wie menschenfeindlich die Deutschen sind.

Lag der Anteil derjenigen, die zugleich ausländerfeindlich sind, den Nationalsozialismus verherrlichen und Diktaturen und übersteigerten Nationalismus befürworten im Jahr 2002 noch bei knapp zehn Prozent der Bevölkerung, sind es 2014 nur noch 2,5 Prozent der Deutschen. Ein Grund zur Entwarnung besteht aus Sicht der Forscher jedoch nicht.

So sind 60 Prozent der Befragten aktuell der Meinung, dass sich Fremde erst mal mit weniger zufrieden geben sollten, wenn sie irgendwo neu sind. Rund 45 Prozent der Deutschen glauben, dass Langzeitarbeitslose gar kein Interesse daran haben, einen Job zu finden. Und mehr als 30 Prozent stimmen der Aussage zu, dass sie sich durch Muslime oft wie fremde im eigenen Land fühlen würden. 30 Prozent der Deutschen hätten ein Problem damit, wenn sich Sinti und Roma in ihrer Nähe aufhalten würden, was auch damit zusammenhängen könnte, dass knapp 40 Prozent überzeugt sind, diese neigten zur Kriminalität.

Extremisten versuchen die Gesellschaft zu verunsichern

"Es besteht die Gefahr, dass die Mitte der Gesellschaft, auf die unsere Demokratie baut, populistischen Vorurteilen anheimfällt", sagt Andreas Zick, Professor für Sozialisation und Konfliktforschung an der Uni Bielefeld und Hauptautor der Studie. Inzwischen gebe es einen hohen Prozentsatz an Menschen, die daran zweifeln, ob die Demokratie noch das richtige Modell sei.

Und je weniger Kontakt die Menschen etwa zu Flüchtlingen hätten, umso größer die Vorbehalte. Zick führt diese Entwicklung auch auf veränderte Strategien von Rechtspopulisten zurück: Extremisten und Populisten würden nicht mehr allein darauf abzielen, einzelne Menschen auf ihre Seite zu ziehen, sondern die Mitte der Gesellschaft massiv zu verunsichern. Ein Spiegelbild dieser Entwicklung sind die Sympathisanten der Europa-kritischen Partei Alternative für Deutschland (AfD).

AfD-Wähler teilen eher rechtsextreme Ansichten

Diese fühlen sich sehr viel stärker in ihrem Lebensstandard bedroht und bewerten sie Menschen stärker nach ihrem wirtschaftlichen Nutzen als andere Bevölkerungsgruppen. Dies geht laut Studie einher mit einer deutlich reaktionäreren Grundhaltung.

Menschen, die sich vorstellen könnten, die AfD zu wählen, verharmlosen sehr viel häufiger den Nationalsozialismus und befürworten eher eine Diktatur als die Anhänger anderer Parteien. Außerdem sind sie häufiger antisemitisch und ausländerfeindlich als Menschen, die politisch eher der Union, SPD, den Linken oder den Grünen nahestehen. Rund 40 Prozent der AfD-Sympathisanten zeigt zudem eine chauvinistische Einstellung, fühlt sich also anderen Gruppen überlegen.

Frauen haben mehr Vorurteile als Männer und sind sexistischer

Interessant ist auch, dass die Ablehnung bestimmter Bevölkerungsgruppen bei Frauen stärker ausgeprägt ist als bei Männern. Gerade gegenüber Langzeitarbeitslosen, Obdachlosen und Sinti und Roma haben sie mehr Vorbehalte. Männer tun sich gleichzeitig schwerer, Toleranz gegenüber Homosexuellen zu zeigen.

Für die Forscher ist klar, dass man weiter Anstrengungen unternehmen muss, um rechtsextreme Einstellungen in der Mitte der Gesellschaft zu bekämpfen. Die zivilgesellschaftliche Bildung müsse weiter gestärkt werden, so die Autoren.

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