AfD-Politikerin zu Waffengebrauch an Grenzen Entsetzen über Frauke Petry

Berlin · Der Vorschlag von AfD-Chefin Frauke Petry, an der Grenze im Extremfall Schusswaffen gegen Flüchtlinge einzusetzen, hat parteiübergreifend scharfe Kritik ausgelöst. Von "geisteskrank" über "menschenverachtend" bis "verroht" reichen die Reaktionen.

AfD-Frau Frauke Petry – jung, weiblich, populistisch
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Das ist Frauke Petry

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Foto: dpa, spf pil tmk

SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte in der "Bild am Sonntag" eine Beobachtung der rechtspopulistischen Partei durch den Verfassungsschutz. Der Vizekanzler sprach sich zudem dafür aus, die AfD aus Diskussionsrunden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu verbannen: "Für mich gehört die AfD in den Verfassungsschutzbericht und nicht ins Fernsehen." Ähnlich hatte sich Gabriel wenige Tage zuvor bereits im Interview mit unserer Redaktion geäußert.

Petry hatte im "Mannheimer Morgen" vom Samstag angesichts des großen Flüchtlingsandrangs verlangt, es müsse verhindert werden, dass weiter so viele unregistrierte Flüchtlinge über Österreich einreisen könnten. Die Polizei müsse dafür "notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen", sagte Petry. "Kein Polizist will auf einen Flüchtling schießen. Ich will das auch nicht. Aber zur Ultima Ratio gehört der Einsatz von Waffengewalt."

Inhaltlich liegt sie damit im Prinzip schon auf der Linie ihrer Partei. Für Stirnrunzeln könnte ihre Äußerung in der AfD trotzdem sorgen. Denn einige Parteifreunde fragen sich schon länger, ob Petry in Interviews und bei Vorstandssitzungen tatsächlich ihre eigenen Ideen präsentiert oder die ihres Lebensgefährten Marcus Pretzell. Der hatte schon im vergangenen Herbst über Waffengewalt an der Grenze als Ultima ratio sinniert und damit bundesweit entsetzte Reaktionen ausgelöst.

Nun werden auch die Äußerungen Frauke Petrys parteiübergreifend scharf kritisiert, die Urteile reichten von "geisteskrank" über "menschenverachtend" bis "verroht". Petry habe sich "politisch vollends verirrt", befand SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann.

"Kein deutscher Polizist würde auf Flüchtlinge schießen", erklärte der Vizevorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek. "Wer ein solches radikales Vorgehen vorschlägt, will offenbar den Rechtsstaat aushebeln und die Polizei instrumentalisieren."

Der Unions-Innenpolitikexperte Stephan Mayer (CSU) sagte, der Gedanke, dass Grenzschützer notfalls von der Schusswaffe Gebrauch machen sollten, sei völlig inakzeptabel und erinnere "auf fatale Weise an das Unrechtsregime der DDR".

"Die Frau ist offensichtlich geisteskrank", sagte der Vorsitzende der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG), Dieter Dombrowski, der "Mitteldeutschen Zeitung". "Wer als Deutscher mit der Kenntnis um 2000 erschossene Flüchtlinge an der innerdeutschen Grenze fordert, auf unbewaffnete Flüchtlinge zu schießen, der kann geistig nicht normal sein."

Petry zeige mit diesen Forderungen ihr wahres Gesicht, erklärte der Linken-Politiker Jan Korte. "Die Aussagen sind inhuman, verroht und antidemokratisch." Nach Ansicht der Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt offenbart Petrys Forderung die "hässliche Fratze" der AfD. "Es zeigt sich, dass die AfD eine zutiefst rassistische, diskriminierende und menschenverachtende Partei ist." Ihr Fraktionskollege Konstantin von Notz sagte dem "Handelsblatt", die AfD sei "auf dem besten Weg, der parlamentarische Arm der gewalttätigen Naziszene zu werden".

Zuletzt hatte es im Zusammenhang mit der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz Debatten über eine Teilnahme der AfD an TV-Diskussionen gegeben. Auslöser war die Weigerung der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), in einer Live-Debatte gemeinsam mit AfD-Vertretern aufzutreten.

Gabriel machte sich nun dafür stark, die Partei nicht mehr zu Debatten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen einzuladen. "Bei der AfD gibt es massive Zweifel, dass sie auf der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Republik steht", sagte er. "Früher galt in Deutschland eine klare Regel: Parteien, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung unseres Landes wenden, denen helfen wir nicht noch, ihre Propaganda über das Fernsehen zu verbreiten."

AfD-Vizesprecherin Beatrix von Storch schrieb später auf Facebook, wer das "Halt" an der Grenze nicht akzeptiere, sei ein Angreifer. "Und gegen Angriffe müssen wir uns verteidigen." Auf die Frage eines Nutzers, ob etwa der Grenzübertritt von Frauen und Kindern mit Waffengewalt verhindert werden solle, antwortete die AfD-Europaparlamentarierin mit "Ja".

Es ist so weit. Wir diskutieren (bar jeder Kenntnis) den "Schiessbefehl". (Was für eine Verhöhnung der Mauertoten!)...

(pst/dpa/AFP)
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