Nationaler Flüchtlingsgipfel Länder wollen Bund in die Pflicht nehmen

Berlin · Deutschland nimmt von allen EU-Staaten die meisten Flüchtlinge auf. Die Last tragen vor allem Länder und Kommunen. Vor dem Flüchtlingsgipfel in Berlin machen die Länderchefs jetzt deutlich, dass es so nicht weitergehen kann.

Ursachen der großen Flucht
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Ursachen der großen Flucht

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Foto: ALESSANDRO BIANCHI

Die Ministerpräsidenten der Länder wollen bei einem Flüchtlingsgipfel mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zusätzliche Milliardenhilfen des Bundes durchsetzen. Zugleich dringen sie vor dem Treffen an diesem Donnerstag in Berlin auf schnellere Asylverfahren.

Die Zeit drängt. Seit Jahresbeginn kamen bereits mehr als 500.000 Flüchtlinge nach Deutschland, bis zum Jahresende könnten es nach Worten von Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) bis zu eine Million werden. Andere EU-Länder vor allem in Mittel- und Osteuropa lehnen die Aufnahme einer größeren Zahl von Flüchtlingen ab.

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Schleswig-Holsteins Regierungschef Torsten Albig (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur vor dem Treffen mit Merkel: "Wir brauchen ein nachhaltiges Finanzierungssystem, das sich an der Zahl der Menschen misst, die zu uns kommen." Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) forderte mehr Geld aus Berlin, betonte jedoch zugleich: "Was inhaltlich für mich am allerwichtigsten ist, sind schnellere Asylverfahren."

Vorgesehen ist, dass Bund und Länder bei dem Treffen ein umfangreiches Paket zur Bewältigung der Flüchtlingskrise beschließen. Es geht zum einen um die künftige Verteilung der Flüchtlingskosten zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Der Bund zahlt ihnen im laufenden Jahr eine Milliarde Euro an Unterstützung und hat für 2016 drei Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Dreyer betonte, sie hoffe auf fünf Milliarden, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) forderte rund sechs Milliarden Euro vom Bund für Länder und Kommunen.

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Flucht zu Fuß von Budapest nach Österreich

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Foto: dpa, ase

Bund und Länder beraten auch über ein Paket mit zahlreichen Gesetzesänderungen. Vorgesehen ist unter anderem, Albanien, Kosovo und Montenegro als weitere "sichere Herkunftsstaaten" einzustufen, Asylbewerber künftig länger in Erstaufnahmeeinrichtungen zu halten und ihnen dort überwiegend Sachleistungen zu gewähren. Für bestimmte Flüchtlingsgruppen sind auch rigide Leistungskürzungen vorgesehen.

Außerdem will der neue Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Frank-Jürgen Weise, bei dem Treffen Vorschläge präsentieren, wie er die Asylverfahren beschleunigen und den immensen Berg von mehr als 275.000 Asylanträge abbauen will.

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"Ich muss nach Deutschland, um zu leben"

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Foto: afp, ak-iw

Die geplante Einstufung von Westbalkan-Staaten als "sichere Herkunftsländer" stößt bei den Grünen auf Kritik. "Es gibt keine Hinweise, dass diese Maßnahme eine relevante Wirkung auf die Zahl der Anträge oder die Dauer der Verfahren hat", sagte Parteicherin Simone Peter der "Berliner Zeitung" (Donnerstag). Und wie die Bundesregierung ein Land wie das Kosovo, in dem wegen der angespannten Sicherheitslage deutsche Kfor-Soldaten stationiert seien, für sicher erklären könne, sei "nicht nachvollziehbar".

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bezeichnete die geplanten Verschärfungen in der Asylpolitik als Griff in die "Mottenkiste der Abschottungspolitik". Als Beispiel nannte sie die geplante Kürzung des Taschengelds für Flüchtlinge. Es sei "absurd" anzunehmen, dass deswegen weniger Menschen nach Deutschland kämen. "Die Menschen fliehen aus Angst um ihr Leben und nicht wegen 4,70 Euro am Tag, betonte Göring-Eckardt im Gespräch mit der "Freien Presse" (Donnerstag).

(dpa)
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