Flüchtlinge Bündnis fordert 45.000 Sprachkurse

Düsseldorf · Wie bringt man Flüchtlinge in Ausbildung? NRW-Arbeitgeber und Gewerkschafter verlangen mehr Mittel vom Land. Im Zentrum: Die Sprachförderung.

 Teilnehmer während der Vergabe der Zertifikate für die erfolgreiche Teilnahme an einem Sprachkurs in Weimar.

Teilnehmer während der Vergabe der Zertifikate für die erfolgreiche Teilnahme an einem Sprachkurs in Weimar.

Foto: dpa, skh pzi dna

Es ist ein schlechtes Zeugnis, das die Chefin der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit gestern dem Land NRW in Sachen Ausbildungsmarkt ausstellte: "Vergleicht man die Zahl der gemeldeten Bewerber mit den aktuell angebotenen Ausbildungsplätzen, ergibt sich für NRW derzeit die bundesweit ungünstigste Situation", sagte Christiane Schönefeld.

Auf 100 gemeldete Stellen kämen in NRW im Schnitt 116 Bewerber (siehe Grafik). Bundesweit interessieren sich dagegen 90 Anwärter für 100 angebotene Stellen. Damit würden noch 13.000 Ausbildungsplätze in NRW fehlen, so Schönefeld.

Die Situation gewinnt durch die Flüchtlingskrise weiter an Brisanz. Deshalb ruft jetzt ein breites Bündnis - bestehend aus dem Deutschen Gewerkschaftsbund, Unternehmer NRW, der Industrie- und Handelskammer, dem Verband Freier Berufe und dem Westdeutschen Handelskammertag - die Landesregierung zum Handeln auf.

 Diese Karte zeigt das Verhältnis von Ausbildungsplätzen zu Bewerbern.

Diese Karte zeigt das Verhältnis von Ausbildungsplätzen zu Bewerbern.

Foto: Quelle: Regionaldirektion NRW; Grafik:Radowski

In einem Appell an die Staatskanzlei, das Schul-, Arbeits- und Wirtschaftsministerium, der unserer Redaktion vorliegt, fordert das Bündnis Maßnahmen um junge, aber nicht mehr schulpflichtige Flüchtlinge in eine Ausbildung zu bringen. Dabei kommt das Bündnis zu einem verheerenden Urteil: Demnach fehlten "bisher systematische und verbindliche Angebote, die den Spracherwerb, die Berufsorientierung und den Erwerb des Schulabschlusses ermöglichen".

Die Unterzeichner wollen unter anderem, dass die Berufsschulen dazu verpflichtet werden, "grundsätzlich auch alle jungen Flüchtlinge zwischen 18 und 21 Jahren - in Ausnahmefällen bis 25 Jahren - aufzunehmen". Zudem müsse die Landesregierung den Berufskollegs die erforderlichen Ressourcen für die gezielte Förderung junger Flüchtlinge zur Verfügung stellen.

Konkret verlangt das Bündnis 5000 zusätzliche Plätze in den Internationalen Förderklassen ab dem kommenden Schuljahr. Die vorhandenen 500 Plätze in den von der Bundesagentur für Arbeit und dem Schulministerium finanzierten Förderzentren für Flüchtlinge sollen auf 5000 Plätze aufgestockt werden.

Die Wirtschaftsvertreter und Gewerkschafter verlangen auch deutlich mehr Engagement beim Thema Sprachkurse. "Insgesamt muss es - nicht nur für junge Flüchtlinge - ausreichend Angebote geben, damit insbesondere alle Flüchtlinge mit hoher Bleibeperspektive frühzeitig und schnell Deutsch lernen können", heißt es. Diese Angebote müssten verpflichtend sein.

Kurzfristig solle NRW Mittel für 45.000 zusätzliche Basissprachkurse bereitstellen. Auch die Anschlusskurse müssten mit Landesmitteln ausgebaut werden. Zudem sollen die Sprachkurse auch qualitativ weiterentwickelt werden. Der Forderungskatalog wird mit der Landesregierung beim Treffen des sogenannten Ausbildungskonsens', besprochen, der morgen zusammenkommt.

Die Landesregierung reagierte gestern zurückhaltend. Ein Sprecher des Arbeits- und Integrationsministeriums erklärte auf Anfrage, es sei "guter Brauch im Ausbildungskonsens, solche Vorschläge in Ruhe zu beraten". Übereilte Positionierungen würden die Gesprächsatmosphäre nur unnötig belasten.

Nach Angaben des Sprechers investiert das Land "erhebliche Mittel, um die Schulen mit zusätzlichen Ressourcen auszustatten". Eine Notwendigkeit, die Berufsschulpflicht für junge Flüchtlinge heraufzusetzen, sieht die Regierung offenkundig nicht.

Beim Thema Sprachkurse verweist das Land auf die zwei Millionen Euro, die den Volkshochschulen und anderen anerkannten Einrichtungen dafür zur Verfügung gestellt worden seien. Ein flächendeckendes Angebot an Basiskursen werde durch das Angebot der Agentur für Arbeit gemeinsam mit dem Arbeitsministerium erreicht. Im Zuge des Nachtragshaushalts sollten zudem weitere 3600 Plätze finanziert werden.

Beim Ausbau des Sprachkursangebots ruft das Land dennoch nach dem Bund. Aus dem Gesetz gehe klar hervor, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für die Koordinierung und Durchführung von Integrationskursen zuständig sei, so der Sprecher.

(maxi)
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