Flüchtlingspolitik Asylentscheid binnen drei Wochen

Berlin/Düsseldorf · Die große Koalition hat ihren Streit in der Flüchtlingspolitik beigelegt. Asylbewerber aus sicheren Staaten müssen in gesonderten Einrichtungen wohnen. Über ihre Anträge soll schnell entschieden werden.

Asyl beantragen: Wie läuft ein Asylverfahren ab?
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So läuft das Asylverfahren ab

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Foto: Endermann, Andreas

Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten werden künftig getrennt von anderen Flüchtlingen untergebracht. Nach tagelangem Streit um sogenannte Transitzonen einigten sich die drei Parteichefs der großen Koalition gestern auf "besondere Aufnahme-Einrichtungen", wie es im sechsseitigen Konsenspapier heißt. Auch bei den Themen Familiennachzug, Asyl-Leistungen und Flüchtlingsausweis gelang eine Einigung.

Rund drei Stunden dauerte das Treffen im Kanzleramt. SPD-Chef Sigmar Gabriel war gebeten worden, eine Stunde später hinzuzukommen, da es auf Unionsseite noch Abstimmungsbedarf gab. Bei der Pressekonferenz am Abend herrschte Zufriedenheit. Bedarf nach Rechtfertigung gab es dennoch: Gabriel betonte, es habe niemals Differenzen gegeben beim Ziel, die Asylverfahren für Menschen aus sicheren Herkunftsländern zu beschleunigen. Seehofer wiederum erklärte: "Wir haben nie irgendwo eine Haft vorgeschlagen."

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"Deutschland sendet ein Signälchen"

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Die Asylbewerber werden in den neuen Einrichtungen, von denen bis zu fünf geschaffen werden sollen, einer "verschärften Residenzpflicht" unterliegen. Sie sollen sich aber in ihrer Stadt oder ihrem Landkreis bewegen dürfen. Ihre Verfahren sollen wie in den Transitzonen an Flughäfen binnen drei Wochen abgeschlossen sein - eine Woche für das Verwaltungsverfahren und zwei Wochen für die Bearbeitung eines möglichen rechtlichen Widerspruchs. CSU-Chef Horst Seehofer kündigte bereits an, dass zwei solcher Zentren in Bayern, in Manching bei Ingolstadt und in Bamberg, betrieben werden sollen.

Wer gegen die Residenzpflicht verstößt, dessen Asylantrag soll ruhen. Einmal kann der Antrag wiederaufgenommen werden. Wer ein zweites Mal unerlaubt seinen Asylbezirk verlässt, dessen Antrag erlischt - es komme zur "sofortigen Rückführung", sagte Merkel.

Gabriel überschrieb den Kompromiss mit den Schlagworten "helfen, ordnen und steuern". So einigten sich die Parteichefs auch auf andere praktische Maßnahmen. Künftig soll jeder Flüchtling einen Ausweis erhalten, der Voraussetzung sein wird, einen Asylantrag zu stellen und Leistungen zu erhalten. Die Verwaltung soll über eine zentrale Datenbank im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge laufen.

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Foto: Köhlen, Stephan (TEPH)

Die Leistungen der Asylbewerber und auch anerkannter Flüchtlinge sollen um höchstens fünf Euro im Monat gekürzt werden - als Eigenanteil für die Sprach- und Integrationskurse. Der Familiennachzug wird nur minimal eingeschränkt. Geduldete sollen zwei Jahre lang keine Angehörigen nach Deutschland nachholen können. Dabei geht es um weniger als 2000 Menschen.

In ihrem Papier betonten die Parteichefs zudem die Notwendigkeit, die EU-Außengrenzen zu schützen, die Zusammenarbeit mit der Türkei voranzutreiben und in Afghanistan besondere Schutzzonen einzurichten. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums sind in diesem Jahr bereits 758.000 Flüchtlinge registriert worden.

Bis in den späten Abend tagten anschließend die Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin. NRW-Regierungschefin Hannelore Kraft (SPD) ging nach Informationen unserer Redaktion mit einer To-do-Liste in die Gespräche. Entscheidend ist aus ihrer Sicht, dass das Bundesamt für Migration in die Lage versetzt wird, Asylanträge tatsächlich schneller zu bearbeiten. Dafür soll das Amt nach dem Wunsch von NRW noch mehr Personal bekommen.

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(qua)
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