Flüchtlingspolitik War Merkels Großzügigkeit ein Fehler?

Berlin · Bayern konnte den Zustrom an Flüchtlingen nach der Grenzöffnung nicht mehr verkraften. Die vorübergehende Aufhebung der Schengen-Regeln muss aber nicht dauerhafte Abschottung bedeuten.

 Zunächst zeigte sich Angela Merkel großzügig und ließ viele Flüchtlinge ins Land. Nun machte sie eine Kehrtwende.

Zunächst zeigte sich Angela Merkel großzügig und ließ viele Flüchtlinge ins Land. Nun machte sie eine Kehrtwende.

Foto: afp, oa/apr

Die Kehrtwende der Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik wirft Fragen auf. Offenbar kann die von den Gutmeinenden propagierte Willkommenskultur die Ängste vor einer Überforderung nicht überwinden.

Warum kontrollieren Bundespolizisten nun wieder die Grenzen?

Die Botschaft der Kanzlerin, dass Deutschland Syrer aufnimmt und für diese das Dublin-Abkommen aussetzt, hat zu einem Ansturm von Asylbewerbern geführt. Nach dem Dublin-Verfahren müssen Flüchtlinge eigentlich dort registriert werden, wo sie erstmals EU-Boden betreten. In Ungarn versagte die Regierung von Viktor Orbán, die Solidarität in der EU blieb aus. Innerhalb einer guten Woche kamen dann mehr als 60.000 Menschen in die Bundesrepublik. Damit fühlten sich Bundesländer und Kommunen überfordert. Vor allem die CSU schlug Alarm, aber auch bei CDU und SPD wuchs die Skepsis. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) teilte gestern mit, Grenzkontrollen sollten die Zuwanderung der Menschen einschränken und die Rückkehr zu einem geordneten Verfahren ermöglichen.

War Merkels Nothilfe für Flüchtlinge aus Ungarn ein Fehler?

Wenn man Recht, Moral und Humanität zugrunde legt, hat Merkel großes Mitgefühl gezeigt, aber nicht ganz das Ende bedacht. Die Dinge vom Schluss her zu betrachten, gilt sonst als eine ihrer großen Stärken. Andererseits wurden die Flüchtlinge, darunter Kinder, Alte und Kranke, in Ungarn nicht ausreichend versorgt. Es drohte eine humanitäre Notlage. Die könnte sich aber auch einstellen, wenn jetzt die Grenzen für längere Zeit geschlossen bleiben.

Ist Deutschland mit den Flüchtlingen überfordert?

Nötig ist eine gerechte Verteilung sowohl im Inland als auch innerhalb der EU. Merkel zufolge hat Deutschland das Geld und die Kapazitäten. Problematisch ist aber die Situation in München - dort kommen nahezu alle Flüchtlinge an. Allein am Samstag waren es mehr als 12.000. Jetzt ist Solidarität gefragt. Viele Kommunen warnen aber schon, dass die Zahl der Flüchtlinge im Verhältnis zu den Einwohnern so hoch ist, dass Integration schwer wird.

Polizei überprüft Flüchtlinge an Grenze zu Österreich
13 Bilder

Polizei überprüft Flüchtlinge an Grenze zu Österreich

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Kippt angesichts der Bilder aus München nun die Stimmung der Bürger?

Das dürfte auch von der Politik abhängen. Noch nie haben sich so viele Deutsche solidarisch mit Ausländern gezeigt wie nach Merkels Aufruf "Wir schaffen das". Waren in den 90er Jahren viele Bürger durch die Verschärfung des Asylrechts und den Tenor "Das Boot ist voll" ängstlich und ablehnend, präsentierten sie nun über Nacht eine ungeahnte Willkommenskultur. Je mehr Politiker von Überforderung und Verschiebung der kulturellen Statik sprechen, desto unsicherer könnten die Bürger aber wieder werden.

Kippt die Stimmung in der Politik, womöglich auch in Merkels Union?

Die CSU hat Merkel scharf attackiert. Deutschland habe die Kontrolle verloren, hieß es. Parteichef Horst Seehofer sprach von einem Fehler Merkels und übersandte dem ungarischen Premier Orbán eine Einladung nach München. Bayern trägt indes die Hauptlast und fühlt sich alleingelassen.

(RP)
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