Einigung über Finanzreform der Länder 1,5 Milliarden Euro mehr für NRW

Berlin · Alle Bundesländer bekommen mehr Geld, der Bund muss zahlen: Das ist das Ergebnis der Verhandlungen zu den künftigen Finanzbeziehungen der Länder. NRW bekäme nach dieser Radikalreform 1,5 Milliarden Euro mehr pro Jahr - zustimmen muss allerdings noch Bundesfinanzminister Schäuble.

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Das sind die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer

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Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Bundesländer haben sich in den Verhandlungen mit dem Bund über die Neuordnung der Finanzbeziehungen nach langem Streit auf eine gemeinsame Linie verständigt — und vor allem Nordrhein-Westfalen würde von der Umstellung profitieren. 1,534 Milliarden Euro und damit den größten Betrag der geforderten 9,7 Milliarden würden danach an NRW gehen - pro Jahr. Bayern würde 1,326 Milliarden Euro einstreichen, Baden-Württemberg 944 Millionen Euro.

Gerechnet pro Einwohner würde NRW allerdings am zweitwenigsten aller Bundesländer bekommen. Es sind 87 Euro pro Bürger — nur Niedersachsen (86) erhielte weniger. Mit 205 Euro pro Einwohner liegt Thüringen in dieser Rechnung vorne.

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Foto: dpa, Arne Dedert

Auf den Kompromiss einigten sich die 16 Ministerpräsidenten in Berlin. Die bisherige Umverteilung zwischen "reichen" und "armen" Ländern soll völlig umgestellt werden. Der bisherige und seit Jahren umstrittene Länderfinanzausgleich soll abgeschafft und durch ein Umsatzsteuermodell ersetzt werden.

Ob Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) das Konzept mitträgt, ist bislang offen. Mit dem Länder-Kompromiss ist allerdings eine große Hürde genommen, da es bis zuletzt Differenzen zwischen finanzstarken und -schwachen Ländern gab und auch die ostdeutschen Länder lange Widerstand leisteten.

"Nordrhein-Westfalen hat die wesentlichen Forderungen durchsetzen können", sagte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft unserer Redaktion. "Das heißt, der Umsatzsteuervorwegausgleich ist weg. Das war uns wichtig, weil jetzt auch deutlich wird, wie stark Nordrhein-Westfalen ist und dass wir ein Geberland sind." Dass es Mehreinnahmen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro gebe, tue dem Land gut und sei ein guter Kompromiss. "Wir sind solidarisch geblieben mit den östlichen Bundesländern und auch mit denen, die große Finanzprobleme haben. Alle haben sich ein Stückchen bewegt‎, und es ist etwas Gutes dabei herausgekommen."

Auch der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans zeigte sich zufrieden mit der Einigung: "Nach Jahren einer kontroversen und zum Teil auch emotional geführten Debatte ist ein für alle fairer Kompromiss gefunden worden", sagte er unserer Redaktion. Künftig könne mehr von der Finanzkraft des Landes auch in NRW selbst investiert werden. Zudem sei "für jeden erkennbar, dass NRW als Zahlerland seinen solidarischen Beitrag für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland leistet."

Die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern müssen neu geordnet werden, da im Jahr 2019 der umstrittene Länderfinanzausgleich sowie der "Solidarpakt II" auslaufen. Die Verhandlungen ziehen sich seit mehr als einem Jahr hin. Eigentlich wollten sich Bund und Länder schon Ende 2014 verständigen. Doch die Differenzen waren zu groß.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte zu der Einigung der Länder: "Das ist schon fast historisch, was wir heute hinbekommen haben." Dass sich angesichts der sehr unterschiedlichen Interessenlagen alle Länder auf einen Vorschlag geeinigt hätten, sei "gar nicht hoch genug einzuschätzen". Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) zeigte sich zufrieden.

Nun müssten die Verhandlungen mit dem Bund zu Ende gebracht werden, sagte Bouffier. Die Summe sei beachtlich, aber angemessen: "Wirklich neue Erkenntnisse wird es auch bei längeren Verhandlungen nicht mehr geben." In dieser Summe seien auch die sogenannten Entflechtungsmittel einbezogen. Diese sollten 2019 auslaufen. Man sei sich aber einig, dass die Mittel weiter vom Bund kommen.

Der Bund stellt bisher bis 2019 unverändert jährlich rund 2,6 Milliarden Euro für kommunalen Wohnungsbau, Nahverkehr sowie Hochschulen bereit - die "Entflechtungsmittel". Die Länder wollten nach früheren Angaben ab 2020 dann 3,5 Milliarden Euro haben.

Die Geberländer werden nach den Angaben von Bouffier durch den Kompromiss um etwa 2,5 Milliarden Euro entlastet. Die ostdeutschen Länder einschließlich Berlin erhielten etwa drei Milliarden Euro.

Berlins Regierungschef Müller betonte, "die Angriffsversuche einiger Länder auf die Einwohnerwertung für die Stadtstaaten" seien abgewehrt worden. Gleichzeitig werde Berlin stärker in die kommunale Finanzkraft einbezogen.

Die "Einwohnerveredlung" gleicht Mehrbelastungen aus, die einem Stadtstaat gegenüber Flächenländern entstehen - auch zur Kompensation der Lohnsteuerverteilung nach dem Wohnsitzprinzip. Ein Bürger in einem Stadtstaat zählt durch die "Veredlung" etwa ein Drittel mehr als einer in den Flächenländern.

(spol/rls/tor/dpa)
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