Europarecht EU verbaut der CSU die Maut

Berlin/Düsseldorf · EU-Kommissionschef Juncker kündigt Prüfverfahren gegen deutsche Pkw-Maut an. Juristen halten sie für nicht europarechtskonform. NRW-Politiker bezweifeln, dass die CSU-Pläne je umgesetzt werden.

Das bedeutet die Pkw-Maut für Autofahrer
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Die von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) geplante Pkw-Maut steht nach Einschätzung führender Politiker in Nordrhein-Westfalen und im Bund vor dem Aus. "Die Maut ist tot, wenn Brüssel und Luxemburg Nein sagen", sagte SPD-Parteivize Ralf Stegner. "Es überrascht mich nicht, wenn die EU-Kommission tatsächlich ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das deutsche Maut-Gesetz einleitet. An Warnungen hat es nicht gefehlt", sagte NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD). NRW-CDU-Chef Armin Laschet erklärte: "Meine Skepsis war und ist bekannt. Bedingung war immer, dass die Maut europarechtlich sauber ist."

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte angekündigt, dass seine Behörde ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eröffnen werde. Knackpunkt ist, dass Dobrindts Maut unterm Strich nur Ausländer belastet. Inländer bekommen ihr Geld über eine niedrigere Kfz-Steuer zurück. Juncker äußerte "erhebliche Zweifel", ob damit nicht gegen das EU-Diskriminierungsverbot verstoßen wird. Bis zu einer Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxmburg könnten zwei Jahre vergehen. Würde Deutschland die Maut wie geplant 2016 starten und der EuGH sie später stoppen, bliebe Dobrindt auf den Einführungskosten sitzen.

"Pontius Seehofer und Alexander Pilatus wollen ihre Hände in Unschuld waschen und sich hinter der EU-Kommission verstecken, wenn die Pkw-Maut für alle kommt", warnte Groschek. SPD und CDU im Bund machten jedoch klar, dass die Alternative einer Maut auch für Inländer für sie nicht infrage kommt. "Wenn die CSU am Ende sagen sollte, dann muss die Maut eben für alle kommen, wird die SPD das nicht mitmachen", sagte Stegner. "Eine Maut für alle in Deutschland zugelassenen Pkws wäre mit dem Koalitionsvertrag nicht vereinbar", sagte auch CDU-Politiker Dirk Fischer.

Die Bundesregierung wies Zweifel zurück. Das Maut-Gesetz sei "europarechtskonform zustande gekommen, nach engsten und zahlreichen Kontakten auf europäischer Ebene", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Kommission solle "detailliert sagen, was ihr an den Gesetzen nicht gefällt", wehrte sich Dobrindt. Er verwahrte sich gegen "Pauschal-Kritik" an der Maut.

Eine "deutliche Mehrheit" der Europarechtsexperten halte die Mautpläne für rechtswidrig, sagte dagegen der Düsseldorfer Rechtswissenschaftler Mehrdad Payandeh. Maut und Senkung der Kfz-Steuer für Deutsche stünden in einem politisch gewollten, unmittelbaren Zusammenhang: "Das muss man als einheitliches Gesetzespaket zu Lasten nicht-deutscher EU-Ausländer verstehen", sagte Payandeh.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt warf der EU eine "falsche Prioritätensetzung" vor. "Statt ständig die Maut zu bekämpfen, sollte die EU-Kommission alle Kraft für die Themen einsetzen, die tatsächlich für die Zukunft der EU entscheidend sind", sagte sie. Es sei bemerkenswert, mit welch Engagement sich Brüssel mit der deutschen Maut beschäftige, während sich die Krise in Griechenland zuspitze.

Unterdessen droht Dobrindt ein weiteres juristisches Minenfeld. Er plant, Kommunen per Sondernutzungsrecht die Möglichkeit zu geben, privilegierte Parkplätze für Carsharing-Fahrzeuge zu schaffen. Das aber halten Juristen für unmöglich und verweisen auf eine Änderung des Straßenverkehrsrechts. Doch das will Dobrindt vermeiden.

(jd / mar / qua)
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